Gelsenkirchen. Eine DRK-Helferin wurde beim Heimspiel in der Veltins-Arena von Fans angepöbelt. Offenbar kein Einzelfall. Nun überlegt sie, das Ehrenamt aufzugeben.

Zumindest Anerkennung und Respekt verdienen Heerscharen von ehrenamtlichen Helfern, die bei (Groß-)Veranstaltungen unentgeltlich im Einsatz sind – sei es als Sanitäter, sei es als Brandbekämpfer. Im Notfall riskieren sie selbst das, was sie bei anderen zu retten versuchen: Gesundheit und Leben.

Anja D. (Name geändert) ist so jemand. Die Versicherungskauffrau engagiert sich als Sanitäterin beim Deutschen Roten Kreuz (DRK). Die 48-Jährige war beim Heimspiel des FC Schalke 04 gegen Mainz für den Fall der Fälle in der kalten Arena. Einsatzbereich: die Blöcke N3, N2 und N4.

Sie erzählt: „Auf N3 ging es den Fans nicht mehr ums Spiel. Ich wurde mit Bier beschüttet, angepöbelt und mit Abfall beworfen. Das fanden einige auch noch lustig.“ Nach Alkohol zu stinken, die Haare pitschnass, empfand sie aber alles andere als cool. „Zumal Patienten zu versorgen waren. Ich hatte Angst.“

Rückzieher enttäuschter Retter

Schlimmer noch: „Das ist kein Einzelfall gewesen“, sagt D. Es gebe Kollegen, die so enttäuscht sind, dass sie ihre Dienste nicht mehr anböten.

Was sagt Schalke dazu? „Wir hören erstmals von so einem Vorfall“, sagt Steffen Jüngst aus der Presseabteilung. Im Tortrubel könne es dazu kommen, dass Getränke verschüttet würden. „Das ist kaum zu verhindern. Trotzdem ist das Verhalten der Zuschauer zu verurteilen. Wir werden das Gespräch mit der Sanitäterin und DRK suchen.“

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Dort, beim Kreisverband Gelsenkirchen, arbeitet Michael Waterwiese, er ist zuständig für den Rettungsdienst. Waterwiese allerdings berichtet im Gegensatz zu Jüngst davon, „dass das Bewerfen von Rettungskräften durchaus öfter vorkommt, schwere Fälle mit Verletzungen sich aber an einer Hand abzählen lassen.“ Die hätten dann eine Anzeige bei der Stadionwache zur Folge, Prozess- und Behandlungskosten würden dem Täter auferlegt – sofern er sich ermitteln lässt (z.B. per Videobeweis).

Unterstützung aus Nachbarstädten

Nebenbei gefragt: Wie wird so ein DRK-Einsatz eigentlich organisiert? Nun, Stadt, Polizei, Feuerwehr Verein und DRK treffen sich regelmäßig und weit im Voraus, um die Gefährdungslage zu analysieren. Für ein normales Bundesligaspiel sieht der sogenannte „Rahmeneinsatzplan 84 Helfer vor, darunter Notärzte, Rettungsassistenten und Sanitäter“, erklärt Waterwiese. Bei Schlagerspielen wie dem Derby „wird die Zahl Hundert geknackt“. Zudem erhält das DRK Unterstützung von Verbänden aus Nachbarstädten. Und arbeitet auch mit Johannitern und Maltesern zusammen.

Zurück zu Anja D. Sie ist bitter enttäuscht: „Ich helfe gern, aber ich frage mich, ob ich denn unter diesen Umständen weiter machen möchte.“