Gelsenkirchen. . Rettungsassistent des privaten Anbieters Falck/Herzig zeichnet ein Bild von Lohndumping. Der Dienstleister hat den Zuschlag für Gelsenkirchen nach der Neuausschreibung im vergangenen Jahr bekommen. Verträge für Angestellte ohne Tarifanbindung machten ein günstigeres Angebot möglich. Welche weiteren Einbußen es gibt für einen Retter im Dienste der Falck Herzig GmbH, lesen Sie hier.

Der Rettungsdienst und Krankentransport ist ein hartes Geschäft. Private Anbieter drängen eingesessene Organisationen beiseite – auch in Gelsenkirchen. Die Falck Herzig GmbH teilt sich mit DRK und Johanniter die anspruchsvolle Aufgabe seit Jahresbeginn.

Manfred B. (Name geändert), ehemals städtischer Angestellter im Rettungsdienst, hat die Auswirkungen zu spüren bekommen. B. fährt jetzt, nachdem Falck auch den Zuschlag für Gelsenkirchen bekommen hat, hier seine Einsätze. Für 1900 Euro brutto im Monat (vorher: 2077€), aber unabhängig von der Berufserfahrung. „Es gibt keine Tarifbindung“, sagt der Rettungsassistent. Ist vertraglich so geregelt. Ein Rettungssanitäter bekommt nach seiner Darstellung 1700 Euro brutto.

Marktverdrängung zeichnet sich ab

Der Verzicht geht sogar noch weiter. Wechseldienstzulage, betriebliche Altersversorgung, Jahressonderzahlung (Urlaubs-, Weihnachtsgeld) – all das, bei DRK und Johannitern im Regelwerk von TVöD (Tarifvertrag öffentlicher Dienst) und AVR (Arbeitsvertragsrichtlinien) verankert ist, gibt es bei Falck nicht. Die Tabelle rechts zeigt es. Manfred B. sagt daher: „Wenn meine Frau nicht arbeiten würde, wären wir mit einem Kind Hartz IV-Aufstocker und erhielten 500 Euro dazu.“

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Das sei, so Michael Waterwiese vom DRK Gelsenkirchen, sehr wenig für jemanden, der Menschenleben rettet. Der zuständige Berater für den Rettungsdienst spricht in dem Zusammenhang von einer „Marktverdrängung“. Die Folgen stellt er so dar: „Falck hat die großen Lose bei der städtischen Ausschreibung gewonnen, wir mussten uns darauf von der Hälfte unserer Belegschaft trennen.“

Nicht viel besser ist die Lage bei den Johannitern, ist zu hören. Waterwiese wünscht sich, dass es eine Front gegen Lohndumping gäbe, genauso wie der Verdi-Gewerkschaftssekretär Oliver Kolberg. Aber da, führen beide weiter aus, seien die Aussichten eher trübe: „Der Rettungsdienst ist im Vergleich zu den Metallern sehr schlecht gewerkschaftlich organisiert.“

Basistarif darf nicht vorgeschrieben werden

Die Stadt selbst hat laut Kämmerer Georg Lunemann bei einer Ausschreibung gar keine andere Wahl, „als den wirtschaftlichsten Anbieter zu nehmen“. Einen Basistarif dürfe man nicht vorschreiben. „Und wenn Kriterien wie etwa der Mindestlohn eingehalten werden, gibt es keinen Grund, den Zuschlag nicht zu erteilen.“

Leidtragende bleiben Angestellte wie Manfred B., sein Stundenlohn beträgt 9,09€ (209 Sollstunden/Jan. 2014) bei einer festgelegten Wochenarbeitszeit von mindestens 48 Stunden. B sagt: „Wäre ich mal Müllmann geworden, da hätte ich 2365,73€ verdient.“