Gelsenkirchen. . Ganz Deutschland schaut derzeit auf den Ausstand der Lokführer. Doch wie sieht eigentlich der Alltag der Zuglenker aus? Der Gelsenkirchener Reinhold Stania hat für uns zurück geblickt: Früher arbeitete er als Lokomotivführer bei der Bundesbahn. Heute macht er Musik und spielt Theater...

Lokführer – das wird man aus Leidenschaft, denn reich werden kann man heutzutage als angestellter Bahnlenker* nicht. Trotzdem ist der Job bis heute ein Kindheitstraum: Für Reinhold Stania (62) aus Resse war es die Eisenbahnromantik, die ihn dazu brachte, sich mit 15 Jahren für die Ausbildung zu entscheiden. „Mein Vater war Lokführer, da bin ich früher schon einmal vorne mitgefahren. Und dieses Bild, wenn man bei Sonnenaufgang durchs Land fährt, das hat schon ‘was“, schwärmt Reinhold Stania heute noch.

So trat er 1967 in die Fußstapfen seines Vaters und seines Großvaters, der ebenfalls „am Zug“ gewesen war: im Stellwerk. Nach einer Lehre als Maschinenschlosser absolvierte Reinhold Stania eine Ausbildung zum Lokführer bei der Bundesbahn, wurde damals automatisch verbeamtet.

Mit dem 21. Geburtstag erfüllte sich dann sein Traum: Er wurde „volljährig“ und durfte mit dem Zug hinaus auf die freie Strecke, arbeitete zumeist im Güterverkehr.

Familie litt unter den Arbeitszeiten

Die „Eisenbahnromantik“ der frühen Jahre ging dabei allerdings schnell verloren, und das lag nicht nur daran, dass die Dampfloks nach und nach moderneren Dieseltriebwagen wichen. „Mich haben vor allem die unregelmäßigen Wechselschichten gestört. Oft bekam man erst bei Dienstschluss den Einsatzplan für den nächsten Tag ausgehändigt. Und wusste so erst spät, ob man frei hatte – oder Frühdienst oder Nachtschicht. Ich spielte damals schon in einer Band – und habe schnell festgestellt, dass man beides eigentlich nur schwer vereinbaren kann: Diese unregelmäßigen Arbeitszeiten und soziale Kontakte“, blickt Stania zurück.

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Nicht nur der Freundeskreis, auch seine junge Familie litt unter den Arbeitszeiten. Hinzu kam die Einsamkeit am Arbeitsplatz: „Früher, bei den Dampfloks, da war man ja wenigstens noch zu zweit, ein Lokführer und ein Heizer. Da konnte man sich unterhalten. In den moderneren Triebwagen saß man stundenlang ganz alleine in dem beengten Führerhaus. Mich hat das belastet, vor allem, weil man sich ja sehr auf die Strecke und die vielen Instrumente konzentrieren muss.“ Die Verantwortung für die Fahrgäste oder Gefahrengüter, sie wiegt schwer.

Nach zehn Jahren verließ er das Führerhaus, arbeitete als Lokdienstleiter und später als Dienstplansachbearbeiter weiter. Da wurden die Arbeitszeiten regelmäßiger, der Stress blieb trotzdem: Im Alter von 50 Jahren zog Stania die Notbremse, ging in Vorruhestand – und lebt jetzt seine kreative Ader aus: In der Band, beim Senioren-Theater und als Tangolehrer.

Das Bahn-Gen hat er übrigens weitervererbt: Eine seiner Töchter arbeitet heute ebenfalls bei der Deutschen Bahn. Allerdings nicht im Zug, sondern in der Verwaltung.