Gelsenkirchen-Erle. .
Das Tierheim an der Willy-Brandt-Allee in Erle kann derzeit keine Katzen mehr aufnehmen. Laut den Betreibern ist es so schlimm wie nie zuvor. Nicht nur, dass viele Tiere abgegeben werden: Immer häufiger kommen Fundtiere ins Tierheim.
Wenn sich die Tür zur Katzenstation öffnet, wird das ganze Elend sichtbar. Aus allen Ecken maunzt und miaut es, als würden die Tiere einen Wettbewerb bestreiten. Sie alle wünschen sich ein neues zu Hause. Das verbindet die über einhundert Katzen im Tierheim in Erle, das derzeit wegen Überfüllung keine Stubentiger mehr annimmt.
„Wir können nicht Leute anprangern wegen nicht artgerechter Haltung, und können die selbst nicht leisten“, erklärt Heike Bihsa, Pressesprecherin des Tierschutzvereins, diese drastische Maßnahme. Anders aber weiß man sich nicht zu helfen. „Mit einer Entspannung der Situation ist eigentlich erst vor Weihnachten zu rechnen.“ Und es ist so schlimm wie nie zuvor. Nicht nur, dass viele Tiere abgegeben werden, immer häufiger kommen Fundtiere ins Tierheim. „Die Menschen richten Futterstellen ein. Das ist eigentlich gut. Aber die Katzen, die ich füttere, muss ich kastrieren lassen. Sonst werden es immer mehr. Und das wird den Leuten dann zu viel und sie geben die Tiere hier ab“, weiß Bihsa. „In Sachen Kastrierungspflicht muss etwas passieren“, meint auch Marika Oelrich. Sie ist Mitarbeiterin des Tierheims und kümmert sich um die Katzen. Einen Härtefall, ein sechs Wochen altes ausgemergeltes Kätzchen, hat sie bei sich zu Hause aufgenommen. Doch solches Elend könnte verhindert werden: „Andere Städte bemühen sich um die Kastration der Tiere. Warum geht das hier nicht?“
Krankenstation belegt
Überall sitzen Katzen. Die Krankenstation ist voll belegt. Denn die Tiere müssen, wenn sie ankommen, zehn bis zwölf Wochen in Quarantäne. „Wir wissen nicht, wie man aus dieser Misere raus kommt“, ist Heike Bihsa verzweifelt. Immer wieder erleben die Tierschützer den achtlosen Umgang mit Tierleben. Kater Tom ist dafür ein Beispiel. Er wurde durch ein offenes Glasbaustein-Fenster nachts in die Hundepension geworfen. Er hatte Glück im Unglück, fiel nicht in einen der Zwinger, sondern in den Gang, saß dort, umringt von Hunden, bis er morgens gefunden wurde.
Ganz hinten, in einer Ecke, sitzen die jüngsten Bewohner. Vier Kätzchen, die eigentlich noch bei der Mutter wären. Und sie sind nicht die einzigen Jungtiere. „Die werden uns vor die Tür gelegt, im Karton oder einer Tüte.“ Denn nicht alle Menschen haben die Courage, ihr Tier selbst abzugeben.
Katzen verursachen Kosten
Prekär ist die Lage, weil so viele Katzen auch viele Kosten verursachen. Alle Tiere werden ärztlich behandelt, kastriert, geimpft, gechipt. Maßnahmen, die bei Fundtieren zu einem Teil durch die Kommune bezuschusst werden. Den Rest zahlt der Verein, der derzeit von der Hand in den Mund wirtschaftet. Vor allem um Feuchtfutter für Katzen ist man verlegen.
Verstehen können die Vierbeiner das alles nicht. Und dennoch, sobald sich die Türe öffnet, machen sie lautstark auf sich aufmerksam. So als ob sie wüssten, dass ein neues Heim auch ein neues Leben mit sich bringt.