Gelsenkirchen. Schalke 04 erinnert an der Arena mit einem Weg an den Gelsenkirchener Ernst Alexander. Der jüdische Fußballer wurde 1942 von den Nazis ermordet.

Frank Baranowski brauchte etwas Hilfe. Das Tuch, das der Oberbürgermeister am Donnerstagmittag vom neuen Straßenschild mit der Aufschrift „Ernst-Alexander-Weg“ entfernen sollte, wollte seinen Platz partout nicht räumen. Deshalb stieg Baranowski auf eine Leiter, zog noch einmal an dem Tuch und schloss mit der Enthüllung die kleine Zeremonie ab.

Gelsenkirchener Spieler wurde in Auschwitz ermordet

Der bislang noch namenlose Weg auf dem Vereinsgelände des FC Schalke 04 zwischen Ernst-Kaltwitzki-Weg und Willy-Brandt-Allee erinnert an den jüdischen Nachwuchs- und Reservespieler des FC Schalke 04, Ernst Alexander, der von den Nationalsozialisten verfolgt und am 28. August 1942 in Auschwitz ermordet wurde. 1933, nach der Machtübergabe an Adolf Hitler und die Nationalsozialisten, wurde Alexander aus dem Verein ausgeschlossen. Er floh 1938 unter dem Eindruck der Reichspogromnacht zunächst in die Niederlande, konnte dort auch weiter Fußball spielen, wurde dort aber nach Beginn des Zweiten Weltkriegs interniert, schließlich deportiert und ermordet.

Gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung

Unter #stehtauf wollen die Schalker diese Woche bei ihrer Aktionswoche Haltung zeigen gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. Die Enthüllung war ein geplanter Beitrag, gänzlich ungeplant war der aktuelle Bezug, der sich durch die rassistischen Ausfälle beim Pokalheimspiel in der Arena ergab, auf die der Verein und Fan-Initativen umgehend mit klaren Statements reagierten.

„Steht auf, wenn Ihr Menschen seid“

Das Motto #stehtauf bezieht sich auf das Jahr 2015, als Schalker Spieler, verantwortliche und Trainer nach Übergriffen auf geflüchtete Menschen mit einem vielbeachteten Video ein unmissverständliches Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit setzten. Galionsfigur der Kampagne wurde Club-Legende und Ex-Nationalspieler Gerald Asamoah.

Die Botschaft bezieht sich auf den 1997 im damaligen Parkstadion entstanden Gesang „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“, ergänzt durch „Steht auf, wenn Ihr Menschen seid.“

Die Besonderheit dieser Namensgebung hob Baranowski hervor: „Im Vergleich zur Würdigung blau-weißer Helden wie Rudi Assauer und Ernst Kuzorra ist diese Straßenbenennung außergewöhnlich. Ernst Alexander hat kein Finale entschieden und keine Arena gebaut. Aber er steht mit seiner viel zu kurzen Lebensgeschichte für das, was eben auch zur Geschichte unseres Landes und des FC Schalke 04 gehört. Das ist eine Geschichte, die erzählt werden muss und der wir uns stellen müssen, auch wenn einige das nicht wollen“, sagte er vor den rund 30 anwesenden Fans.

Rassismusvorwürfe gegen Schalker Fans beim DFB-Pokalspiel

Bei der Zeremonie für Ernst Alexander: Rabbiner Chaim Kornblum, der Neffe von Ernst Alexander, Alfred Brechner, Oberbürgermeister Frank Baranowski, Christine Walther, die Leiterin des Vereins-Archivs, Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, Bezirksbürgermeister Ost Wilfried Heidl und der Geschäftsführer der Stiftung Schalke Hilft!, Sebastian Buntkirchen (v.l.).
Bei der Zeremonie für Ernst Alexander: Rabbiner Chaim Kornblum, der Neffe von Ernst Alexander, Alfred Brechner, Oberbürgermeister Frank Baranowski, Christine Walther, die Leiterin des Vereins-Archivs, Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, Bezirksbürgermeister Ost Wilfried Heidl und der Geschäftsführer der Stiftung Schalke Hilft!, Sebastian Buntkirchen (v.l.). © FUNKE Foto Services | Kim Kanert

„Gerade in diesen Tagen ist es bitter nötig, sich für eine Gesellschaft frei von Rassismus einzusetzen. Ich möchte dem Verein für diese symbolische Aussage danken“ – während Sebastian Buntkirchen, Geschäftsführer der Stiftung Schalke-Hilft, die Verantwortung des Vereins für das Erinnern hervorhob, griff Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, auch aktuelle Themen wie die Rassismusvorwürfe gegen Schalker Fans beim DFB-Pokalspiel und die Regierungskrise in Thüringen auf: „Ich bin sehr dankbar dafür, dass Schalke 04 die Geschichte von Ernst Alexander ins Gedächtnis zurückgerufen hat. Es ist von großer Bedeutung, dass wir uns erinnern. Gerade in den aktuellen beunruhigenden Zeiten mit Anschlägen auf Synagogen, unsäglichen Kommentaren in den sozialen Medien, rassistischen Beleidigungen gegenüber Fußballspielern und dem Dammbruch bei den Wahlen in Thüringen.“