Gelsenkirchen-Hassel. Der neue Pastoralreferent in St. Michael in Gelsenkirchen-Hassel plant neue Angebote nicht nur für Katholiken. Der 38-Jähriger wuchs vor Ort auf.

Türen auf: Dieses Prinzip gilt im übertragenen Sinne schon lange in der St.-Michael-Gemeinde: Sie will alle Menschen im Stadtteil im Blick haben – eben nicht nur die Katholiken. Seit einigen Wochen aber praktiziert Markus Zingel das auch ganz buchstäblich. Der Pastoralreferent, seit Anfang Oktober in der Pfarrei St. Urbanus zuständig für die Sozialkirche in Hassel, sperrt die Türen des Gotteshauses weit auf, wenn er in einem Nebenraum in seinem Büro sitzt. „Die Leute sollen sehen, dass ich da und ansprechbar bin.“

Für Zingel ist es eine Rückkehr in seinen Heimatstadtteil, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte, bis er zum Theologie-Studium nach Münster und Bochum aufbrach. Allerdings: „Wie eine Heimkehr fühlt es sich eigentlich nicht an. Dafür hat sich Hassel zu sehr verändert: Das Neubaugebiet, der Kindergarten-Neubau neben der Kirche, der Stadtteilpark, das interkommunale Stadtteilbüro, als das gab es damals noch nicht“, berichtet der 38-Jährige, der nun mit Frau und Familie in Gladbeck lebt und seit 2018 eine Zusatzausbildung in Sachen Pfarrei-Begleitung macht.

„Über den Kirchturm hinaus blicken und denken“

Der Gelsenkirchener Propst Markus Pottbäcker (rechts) verlas beim Einführungsgottesdienst die Ernennungsurkunde für Pastoralreferent Markus Zingel.
Der Gelsenkirchener Propst Markus Pottbäcker (rechts) verlas beim Einführungsgottesdienst die Ernennungsurkunde für Pastoralreferent Markus Zingel. © FUNKE Foto Services | Joachim Kleine-Büning

So kann er Vertrautes und Neues zugleich entdecken, wenn er als Projektverantwortlicher vor Ort versucht, den sozialkaritativen Schwerpunkt weiterzuentwickeln, den Hermann Spickermann, bis Juni Gemeindereferent mit Koordinierungsaufgaben, maßgeblich mitinitiiert hatte. Kleiderkammer, Tafel-Ausgabestelle, Repaircafé: All das gibt es seit Jahren, „die Frage ist aber, was die Menschen sich darüber hinaus noch wünschen oder was sie benötigen.“ Schließlich gelte es, „über den Kirchturm hinaus zu blicken und zu denken“.

Angebote nicht nur für Katholiken im Stadtteil

Die Angebote der Sozialkirche bleiben wie bisher bestehen: Die Ausgabestelle der Tafel öffnet mittwochs von 14 bis 15 Uhr, die Kleiderkammer von 13.30 bis 15.30 Uhr, das Repaircafe jeden ersten Mittwoch im Monat um 17 Uhr (jeweils in der Kirche, St.-Michael-Straße 4).

Zu St. Michael gehörten 2018 insgesamt 3473 Gemeindemitglieder. Die Angebote der Sozialkirche gelten ausdrücklich für alle Menschen im Stadtteil, unabhängig von der Konfession bzw. Religion.

Zingel will „nicht irgendwelche Angebote machen und dann warten, dass die Leute kommen, sondern mit ihnen gemeinsam Dinge entwickeln“. Eine Möglichkeit könne etwa eine Befragung der Menschen im Stadtteil sein, für die er sich dann professionelle Hilfe etwa von Wissenschaftlern oder Beratungsbüros holen könnte, um die Bedarfe auszuloten. Sein Anliegen sei es, das Lebensgefühl der Hasseler zu verbessern – ohne sich in die Aufgaben von Sozialdiensten einzumischen, versteht sich.

Kleine Sitzecke im Gotteshaus eingerichtet

Im hinteren Bereich der St.-Michael-Kirche in Gelsenkirchen-Hassel hat Pastoralreferent Markus Zingel eine gemütliche Sitzecke eingerichtet. Dort führt er Gespräche, dort können aber auch Interessierte die Ruhe der Kirche genießen.
Im hinteren Bereich der St.-Michael-Kirche in Gelsenkirchen-Hassel hat Pastoralreferent Markus Zingel eine gemütliche Sitzecke eingerichtet. Dort führt er Gespräche, dort können aber auch Interessierte die Ruhe der Kirche genießen. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Dass es ohne neue Angebote nicht geht, davon sind Zingel und Gemeindeferentin Michaela Cornelius, für die Leitung von St. Michael verantwortlich, überzeugt. „Wir befinden uns in einer Umbruchzeit, in der es nötig ist, sich auch inhaltlich neu zu sortieren“, sagt der 38-Jährige vor dem Hintergrund zurückgehender Zahlen von Gottesdienstbesuchern, Priestern und Kirchensteuern sowie der Schließung von Gotteshäusern. „Die traditionellen Formen von Kirche ist nur noch einer Minderheit der Gläubigen sehr wichtig. Bei dem Großteil ist das so nicht der Fall.“ So sei es nötig, weitere niederschwellige Möglichkeiten zu nutzen, um mit Menschen vor Ort in Kontakt zu kommen – etwa über die Sozialkirche oder den Kindergarten.

Weitere Ideen sollen erst noch entwickelt werden. Bis dahin öffnet Zingel weiterhin mindestens einmal in der Woche zu einer festgelegten Bürozeit die Kirchentüren und lädt (auch) zum Schnack. Dafür hat er eine gemütliche Sitzecke im hinteren Bereich von St. Michael eingerichtet, mit Kissen, einer großen Grünpflanze und einem Kaffeeautomaten. An der Wand lehnt derweil ein öffentliches Bücherregal, wo sich Interessierte kostenlos bedienen dürfen. Kurz: Sie können mit dem neuen Pastoralreferenten reden – müssen aber nicht. „Viele genießen einfach nur die Ruhe und Stille einer Kirche.“