Hassel. Nach 21 Jahren in Hassel geht St.-Michael-Leiter Hermann Spickermann in den Ruhestand. Er prägte die katholische Gemeinde nachhaltig.

22 Jahre im selben Job im selben Stadtteil, und doch war Hermann Spickermann immer in Bewegung, buchstäblich: Wenn der 65-Jährige am Sonntag, 30. Juni, mit einem feierlichen Gottesdienst als Leiter von St. Michael in Hassel in den Ruhestand verabschiedet wird, geht ein katholischer Laie, unter dessen Leitung sich das Gesicht der Gemeinde so nachhaltig veränderte wie unter kaum einem Pfarrer vor ihm.

Angst vor Herausforderungen hatte der dreifache Vater nie so wirklich: Als Spickermann 1997 seine Stelle als Stadtjugendreferent im Katholischen Jugendamt Gladbeck aufgab und als Gemeindereferent nach Hassel wechselte, war St. Pius schon fünf Jahre lang die erste Gemeinde im Bistum ohne Pfarrer – und fortan sein Arbeitsschwerpunkt. „Damals war es noch unüblich, über den eigenen oder gar konfessionellen Tellerrand zu blicken. Die drei Gemeinden St. Theresia, St. Pius und St. Michael waren eher mit sich selbst beschäftigt“, erinnert er sich.

Sozialkaritative Ausrichtung

Tief religiös, aber offen für Menschen auch ohne religiöse Orientierung: Hermann Spickermann (65).
Tief religiös, aber offen für Menschen auch ohne religiöse Orientierung: Hermann Spickermann (65). © Funke Foto Services GmbH | Olaf Ziegler

Überzeugt davon, „dass Freude und Hoffnung, Angst und Trauer der Menschen auch die Gefühle von uns Christen sein müssen“, suchte der Gemeindereferent den Kontakt etwa zur evangelischen Markus- sowie zur Lukas-Kirchengemeinde. Er engagierte sich mit Ehrenamtlichen beider Konfessionen für Flüchtlinge, die dort im Kirchenasyl untergebracht waren, beteiligte sich an der Bildungsoffensive und Stadtteilfesten – die Anfänge der sozialkaritativen Ausrichtung der katholischen Gemeinde, wie sie heute charakteristisch ist für St. Michael.

2007 verfügte das Bistum die Schließung der Kirchen St. Theresia und St. Michael, legte St. Pius hoch oben im Norden als neuen gemeinsamen Gemeindemittelpunkt fest. „Das war eine der größten Herausforderungen in meinem Berufsleben“, gibt Spickermann zu. Wegen der Entfernung blieben viele Gläubige aus Hassel-Mitte und -Süd den Gottesdiensten und Veranstaltungen am Eppmannsweg fern.

Bischof Overbeck machte Rolle rückwärts möglich

Eine Bemerkung von Bischof Felix Genn gegenüber seinem Nachfolger Franz-Josef Overbeck war es dann aber, die eine Rolle rückwärts in Sachen Standort möglich machte. „Er berichtete Overbeck von den Widerständen vor Ort und der fragte bei mir nach.“ Wenn gewichtige pastorale Gründe dafür sprächen, würde er sich einem Umzug nicht widersetzen, erklärte Bischof Overbeck damals Spickermann. Am Ende überzeugte ihn das Konzept der Sozialraumorientierung mit Tafel-Ausgabestelle und Kleiderkammer. Die Sensation einer Kurswende, einmalig im Bistum, war perfekt: 2014, zwei Jahre nach dem Ok Essens, verlagerte die Hasseler Gemeinde ihren Mittelpunkt nach St. Michael. St. Pius wurde geschlossen, abgerissen und verkauft an einen Seniorenheim-Betreiber, an der Valentinstraße begannen Sanierungsarbeiten.

„Mittlerweile sind wir auf einem guten Weg, das Motto ,Segen für den Stadtteil sein´ umzusetzen. St. Michael ist nun Heimat für Menschen auch anderen Glaubens. Im Repair-Café engagierten sich auch Leute ohne religiöse Orientierung, ebenso wie bei der Essensausgabe der Tafel. Und das Angebot ,Glockenläuten für Neugeborene` nutzen nicht nur Katholiken.“ Besonders glücklich ist er darüber, den Baustart des neuen St.-Michael-Kindergartens neben der Kirche noch mit auf den Weg gebracht zu. Die viergruppige Einrichtung, die zwei marode Kitas in St. Theresia und St. Pius ersetzen soll, war maßgeblich seine Idee.

Vorfreude auf Reisen und weniger Stress

Worauf er sich besonders im Ruhestand freut? „Einmal durchpusten zu können. Ich freue mich, mehr Zeit mit meinen drei Enkeln verbringen und mehr Reisen machen zu können.“ Geplant ist ein Besuch bei Pater Silvo in Kärnten, der bis Ende 2018 in St. Mariä Himmelfahrt in Buer tätig war. Und: eine Fahrt nach Rom, in die Stadt, die er über Jahre als Reiseführer insgesamt rund 250 Gläubigen der Pfarrei St. Urbanus erklärte. „Rom mal allein zu erleben, nur mit meiner Frau – das wird was Besonderes.“