Gelsenkirchen-Buer. 40 Immobilien auf der Horster Straße in Gelsenkirchen werden mit Rekonstruktionen des Künstlers bestückt. Initiative startete Stadtrat Schmitt.
Sechs Jahre ist es her, dass die Kulturmeile in Buer das letzte Mal mit Kunst im öffentlichen Raum bestückt wurde: Gereon Krebbers umstrittener „Blobster“ auf dem Goldbergplatz, im Volksmund gerne „nasser Sack“ genannt, wird die Aufmerksamkeit der Bürger nun freilich teilen müssen: In diesen Tagen werden an 40 Gebäuden auf der oberen Horster Straße farbig gestaltete Hausnummern aus Emaille angebracht, deren Entwürfe auf den Gelsenkirchener Grafiker Anton Stankowski zurückgehen. Initiator ist Stadtrat Christopher Schmitt, ein leidenschaftlicher Stankowski-Fan.
„Ich persönlich bin schon länger der Meinung, dass auf der Kulturmeile noch Platz ist für weiteren Content. Als ich in der fantastischen Kunstsammlung von Ernst-Otto Glasmeier eine wunderbare Hausnummer von Stankowski entdeckte, kam mir die Idee, die obere Horster Straße damit auszustatten“, berichtet Schmitt. Also startete er eine Werbetour im Verwaltungsvorstand – schließlich sind sein Metier Wirtschaftsförderung, Recht und Ordnung; Kunst gehört offiziell nicht dazu. Die Kollegen waren aber schnell überzeugt und genauso angetan von der Idee, der Kulturmeile mehr Leben einzuhauchen.
Weiße Signalziffern auf kräftigen Farbflächen sind puristisch gestaltet
So nahm Schmitt Kontakt zur Stankowski-Stiftung in Stuttgart auf, die der 1906 in Gelsenkirchen geborene und 1998 in Esslingen verstorbene Künstler selbst gegründet hatte und die heute dessen Nachlass verwaltet. Es galt, die Rechte für die Emaille-Schilder zu erhalten, die die oberschwäbische Firma Silit Ende der 1970er Jahre produzierte und als „Hausnummern für Individualisten“ bewarb.
Kein Wunder, wirken sie mit ihren puristisch gestalteten weißen Signalziffern auf unterschiedlich kräftigen Farbflächen doch alles andere als gewöhnlich: Der Altmeister der konkreten Kunst, der als Pionier des Grafik-Designs gilt, lieferte damit ein Paradebeispiel für seine Überzeugung, die klassische Trennung von freier und angewandter Kunst aufheben zu müssen.
Stadtgrafiker rekonstruierte Arbeiten
Stadtgrafiker Uwe Gelesch war es schließlich, selbst bestens vertraut mit Stankowskis Arbeiten, der die Hausnummern-Serie in die heutige Farbwelt übertrug und rekonstruierte – auf der Grundlage der Original-Entwurfsskizzen, die die Stiftung zur Verfügung gestellt hatte. „Es war, so sagt er, Herausforderung und Ehre zugleich, das Werk des alten Meisters zum Leben zu erwecken, auch wenn es nicht ganz einfach war“, so Schmitt.
Subskriptionspreis gilt bis Ende 2019
Nicht nur für Immobilien-Eigentümer auf der Kulturmeile, sondern auch für andere Interessierte sind die Stankowski-Hausnummern im Haushaltswaren-Fachgeschäft Leifeld, Horster Straße 23, erhältlich. Der Subskriptionspreis pro Ziffer beträgt bis Ende des Jahres 350 Euro, ab Januar 2020 dann 400 Euro.
Produziert werden die Emaille-Schilder von der Firma Auwärter in Schorndorf nach dem gleichen Prinzip wie die Originale Ende der 1970er Jahre: Auf Stahlblech wird jede Farbschicht einzeln aufgetragen und gebrannt. Das Material gilt als witterungsbeständig und unverwüstlich.
Das Problem war, die Farben der Schildelemente ins RAL-System umzusetzen; zudem waren nicht alle Entwürfe ganz eindeutig. Auch fehlte in der Ur-Konzeption ein Bindestrich, den Gelesch neu erstellte. Die Neuauflage der Hausnummern umfasst nun die Ziffern 0 bis 9, ergänzt um die Buchstaben a bis d. Wie die Originale sind die Schilder 30 mal 30 Zentimeter groß; ein Quadratraster, aufgeteilt in zehn Felder, bildet die Basis für die Neugestaltung. Und die Farbfelder, die die Ziffern erst richtig zur Geltung bringen, sie tragen die Namen Signal-, Lichtblau, Verkehrsgrün, -rot, -schwarz, -weiß, Pastellorange, Schwefelgelb, Hellrosa und Kupferbraun.
Stadtrat Christopher Schmitt: „Hauseigentümer waren angetan von der Idee“
Die Gespräche mit den 23 Eigentümern der 40 Immobilien seien dann sehr positiv verlaufen, erzählt Schmitt. „Sie waren alle angetan von der Idee und haben zugestimmt, eine Stankowski-Hausnummer an ihren Gebäuden anbringen zu lassen.“ Geplant sei, dass diese sie selbst finanzierten. Beginnen soll die offizielle Ausstattung am Goldbergplatz in Höhe des Hotels zur Post bis zur Burger-Gastronomie an der Ecke Maelostraße, auf der gegenüberliegenden Straßenseite soll sie bis zur Gastronomie Officina reichen.
Ziel des Projekts sei es, „der Kulturmeile ein einheitlicheres Bild zu geben und die Häuser miteinander zu verbinden. Wir wollen uns aber auch verbeugen vor einem großen Sohn der Stadt und uns dessen Werk zu eigen machen“, betont der Stadtrat. Er freut sich besonders, dass das Kunstmuseum die Initiative mit einer parallelen Ausstellung flankiert, in der Skizzen sowie die Hausnummern-Originale und deren Rekonstruktionen gezeigt werden sollen. „Vielleicht können wir so einen neuen Stankowski-Hype auslösen.“