Gelsenkirchen-Resse. Kathrin B. wirft der Stadt vor, Beerdigungen auszunutzen, um bei Trauernden Knöllchen hinter die Scheibe zu klemmen. Die Stadt weist das zurück.

Ein Knöllchen hinterm Scheibenwischer – das entdeckt kein Autofahrer wirklich gerne. Wenn einem das dann noch vor dem Friedhof passiert, auf dem man gerade einen geliebten Menschen zu Grabe getragen hat, ist es noch viel unangenehmer.

WAZ-Leserin Kathrin B. hat sich in der vergangenen Woche mächtig geärgert – und diesem Ärger dann Luft gemacht in einem Brief an Oberbürgermeister Frank Baranowski, der der WAZ vorliegt. „Heute Morgen war ich zur Beisetzung meines Onkels auf dem katholischen Friedhof in Resse. Da wir eine sehr große Resser Familie sind, reichte wie immer der kleine Friedhofsparkplatz nicht für alle aus“, schreibt sie. „Seit ich denken kann (…) ist es in Resse so üblich, dass in solchen Fällen (…) auf dem Grünstreifen entlang der Recklinghauser Straße geparkt wird.“ Dort stünden die Autos auf dem Grün- bzw. Rasenstreifen, ohne andere Autofahrer, Fußgänger oder Radfahrer zu behindern.

Knöllchen am Friedhof findet Kathrin B. „geschmack- und pietätlos“

Als die Trauergemeinde dann zu den Autos zurückkehrte, hatten die auf dem Grünstreifen abgestellten Fahrzeuge alle ein Knöllchen. Ein Verwarngeld in Höhe von 20 Euro für jeden – für laut Kathrin B. geschätzt zwölf Autos. Das macht sie fassungslos: „Sicherlich hat die Stadt heute gut verdient an unserer Trauergemeinde“, heißt es im Brief an den OB. „Aber ich finde es mehr als geschmack- und pietätlos, die Stadtkasse aufzubessern mit Menschen, welche gerade am Grabe eines geliebten Menschen stehen.“

Auf diesem Grünstreifen ist das Parken verboten.
Auf diesem Grünstreifen ist das Parken verboten. © Funke Foto Services | Olaf Ziegler

Was B. besonders ärgert: Dass sie dahinter Methode vermutet, denn sie habe schon von anderen Fällen gehört: „Regelmäßig werden mittlerweile Trauernde zur Kasse gebeten und der Umstand ausgenutzt, dass es keine andere Parkmöglichkeit gibt.“ Ihr Vorwurf: „Es liegt die Vermutung nahe, dass sich Stadtbedienstete informieren über die Zeiten der Begräbnisse, um gezielt Verwarnungsgelder einzuheimsen. Zufällig läuft an dieser Straße niemand vorbei, da dort sonst so gut wie nie Autos stehen – außer zu Begräbnissen und an Allerheiligen.“

Stadt Gelsenkirchen lässt die Vorwürfe so nicht stehen

Vorwürfe, die die Stadt so nicht stehen lässt: Stadtsprecher Martin Schulmann weist sie auf WAZ-Nachfrage „auf das Schärfste zurück“. Er sagt: „Selbstverständlich orientieren sich Dienstpläne des Verkehrsüberwachungsdienstes nicht an Beerdigungszeiten. Es liegt der Stadt Gelsenkirchen fern, Menschen in Trauer zu überwachen und aufgrund von Verkehrsverstößen zu belangen.“ Das Vorgehen der städtischen Mitarbeiter sei „durchaus sensibel“. Leider sei es auch nicht immer erkennbar, ob ein Fahrzeug zum Besuch einer Beerdigung oder aus einem anderen Grund rechtswidrig abgestellt worden ist.

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Dass dort auch während Beerdigungen kontrolliert wird, erklärt Schulmann so: „Die Überwachung des ruhenden Straßenverkehrs in der Recklinghauser Straße erfolgt aufgrund von Hinweisen von Radfahrenden und der Polizei, durch die ebenfalls Beschwerden über das verkehrswidrige Abstellen von Fahrzeugen auf dem gemeinsamen Geh- und Radweg aufgenommen wurden.“ Er weist darauf hin, dass „den Besuchern des Friedhofes an der Recklinghauser Straße neben dem Parkplatz auf dem Friedhofsgelände ausreichende Parkmöglichkeiten in fußläufiger Entfernung auf der Böningstraße oder der Hertener Straße“ zur Verfügung stünden.