Gelsenkirchen. Der Emscherpegel ist extrem niedrig, in den Teichen verenden Fische. Warum Gelsenkirchener trotzdem keine Angst vor Wassermangel haben müssen.
Nach langer Trockenheit sind in dieser Woche die ersten, etwas ergiebigeren Regenschauer gefallen. Für die ausgezehrte Natur waren sie allerdings nur die sprichwörtlichen Tropfen auf den heißen Stein. Die Pegel der Flüsse sind noch immer extrem niedrig, Gelsendienste kämpft um das Überleben der Fische in den Teichen. Und doch müssen sich die Gelsenkirchener – Regen hin oder her – keine Sorgen um ihre Wasserversorgung machen. Obwohl sogar mehr Wasser als gewöhnlich aus dem Netz entnommen wird.
Denn im hohen Stadtnorden lagern die Trinkwasservorräte für die ganze Region, gut versteckt im Innern der Halde Oberscholven. Gelsenwasser wacht dort über mehr als 30 Millionen Liter – so viel passt in die zehn je 66 Meter langen Rohre mit einem Durchmesser von 10 Metern. Genug für die Menschen aus den Städten Gelsenkirchen, Haltern, Marl und dem Duisburger Norden. Tagsüber fließen die Vorräte aus einem der größten Speicher Deutschlands kontinuierlich in die Haushalte, nachts füllen Pumpen die Behälter aus dem Wasserwerk in Haltern am See wieder auf. Und dort ist immer für Nachschub gesorgt dank des guten Talsperren-Managements, wie Gelsenwasser versichert.
Emscherpegel trotz Regen unter Niedrigwasserwert
Anders sieht es in den Flüssen aus. An der Messstelle in Buer-Sutum lag der Pegel der Emscher trotz der Regenfälle am Wochenanfang am Mittwoch nur bei 55 Zentimetern – der Normalwert beträgt an dieser Stelle 1,02 Meter, der mittlere Niedrigwasserwert 75 Zentimeter. „Aktuell haben wir also wirklich extrem wenig Wasser“, erklärt Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft. An anderen Stelle seien sogar bereits die Randsteine, die sonst immer unterhalb der Wasseroberfläche liegen, sichtbar, „die sieht man sonst nie“.
Jahrhundertsommer 2018
Im vergangenen Jahr bestand das Trinkwasser-Versorgungssystem bereits einen Härtetest: In Haltern fielen im Sommer 2018 in sieben Monaten nur 262 Liter Wasser pro Quadratmeter. Gleichzeitig wurden täglich bis zu 280 Kubikmeter Wasser aus den Talsperren Haltern und Hullern entnommen.
Den Jahresentnahmerekord vermeldete Gelsenwasser am 3. August 2018: 383.651 Kubikmeter Wasser wurden in Haltern entnommen, so viel wie zu Zeiten, in denen das Wasser noch in Bergwerken benötigt wurde.
Ganz trockenfallen kann die Emscher Abawi zufolge aber nicht, denn sie wird im Verlauf mit gereinigtem Abwasser aus verschiedenen Kläranlagen gespeist. Für die Tiere und Pflanzen im Fluss wird das Wasser also nur knapp, ganz ausgehen wird es ihnen nicht. Trotzdem leiden gerade Fische an besonders heißen Tagen im warmen Wasser schnell unter Sauerstoffmangel.
Teiche brauchen dringend Unterstützung
Ein Problem, mit dem Gelsendienste-Mitarbeiter in diesem Sommer bereits mehrfach konfrontiert wurden. In den städtischen Teichen verschlechtern sich die Lebensbedingungen für die Bewohner mit zunehmenden Temperaturen und ausbleibender Frischwasserzufuhr von oben nämlich ebenfalls. Das haben einige Fische im Teich in der Hülser Heide zuletzt nicht überlebt. Obwohl Gelsendienste und die Feuerwehr das stehende Gewässer mit frischem Wasser auffüllten, waren fünf Tiere nicht mehr zu retten.
Damit das nicht wieder passiert, gibt es Vorsichtsmaßnahmen, auch an anderen Stellen. Während Fontänen den großen Teich am Schloss Berge mit ausreichend Sauerstoff versorgen, müssen elektrische Lüfter das im Bereich der Stallgräfte übernehmen.
Rekordentnahme am 24. Juli: 384.376 Kubikmeter Wasser
Völlig spurlos ist die Hitzewelle im Juli übrigens doch nicht an der Trinkwasseranlage in Scholven vorübergegangen. Weil die Menschen an den heißen Tagen besonders viel Wasser entnahmen, etwa um Blumen zu gießen, Pools zu füllen oder Felder zu bewässern, ließ zum Abend der Wasserdruck in den Leitungen nach. Gelsenwasser gibt an, dass am 24. Juli sogar ein Rekord geknackt wurde: 384.376 Kubikmeter Wasser wurden vom Wasserwerk in Haltern aus ins Netz gepumpt – so viel wie nie zuvor.