Gelsenkirchen-Scholven. Den Schulgarten der alten Hauptschule Mehringstraße beackern jetzt Kita- und Grundschulkinder. Für sie ist es mehr als Bio-Unterricht im Freien.

Gurken, Kohlrabi, Kartoffeln – Gemüsepflanzen, wohin das Auge sieht. Dazwischen tragen etliche Erdbeerpflanzen schon die ersten roten Früchte. Sie ergänzen das farbenfrohe Meer unzähliger Blumenblüten. Was aussieht wie ein El Dorado für Selbstversorger, ist der frühere Schulgarten der einstigen Hauptschule an der Mehringstraße. Die ist schon lange geschlossen. Der Garten aber lebt weiter. Weil es hier eine engagierte Chef-Gärtnerin gibt: die ehemalige Lehrerin Barbara Lauterbach.

Das Kollegium hatte die Idee zum Schulgarten

Jungen Menschen helfen

Barbara Lauterbach unterrichtete an der ehemaligen Hauptschule unter anderem Biologie. Der Garten sei damals ihr „Steckenpferd“ gewesen. Nach der Schließung der Schule kümmerte sie sich ehrenamtlich weiter darum.

In den weit über 20 Jahren waren es immer andere junge Menschen, die ihr dabei halfen. Etwa als die Schule eine Notunterkunft für Flüchtlinge war, kamen deren Kinder her.

Heute ist es wieder der Nachwuchs aus dem Stadtteil – und oftmals schon in zweiter Generation. „Mittlerweile kommen die Kinder meiner Schüler von damals her“, sagt Barbara Lauterbach.

„Die Idee zu diesem Schulgarten hatten wir 1995 im Kollegium“, erinnert sie sich. „Hier war ja nur Brachland. Dann hat man uns Mutterboden angeliefert, der gar keiner war. Tagelang haben wir Steine aussortiert.“ Und doch gelingt es damals rasch, an der Hauptschule einen Nutzgarten anzulegen. Mit Obstbäumen, die heute große Schattenspender sind. Ein Apfelbaum, eine Birne und eine Pflaume stehen im hinteren, wilden Teil. Vorn ist alles geordneter, wachsen Pflanzen in kleinen Beeten in kindgerechter Größe. Schließlich müssen die kleinen Ärmchen bis in die Mitte reichen können.

Kooperationsprojekt verschiedener Einrichtungen

Denn bis heute wird die Fläche von Kindern bestellt, ist das ertragreiche Grün ein Kooperationsprojekt des Kindergartens an der Mehringstraße, des Kurt-Schumacher-Hauses und der Grundschule Im Brömm.

Einmal in der Woche kommen Felix und seine Kameraden her. „Seit Anfang des Schuljahres“, berichtet er nach einigem Überlegen, wann man hier die ersten Handgriffe machte. Die bestehen, das weiß jeder Gärtner, nicht nur aus den besonders schönen Tätigkeiten.

Gemeinsam Brennnesseln geschnitten

 Vivien, Tolga, Felix, Ksawery und Laura arbeiten zusammen mit der ehemaligen Lehrerin Barbara Lauterbach im Schulgarten der alten Hauptschule in Gelsenkirchen-Scholven
Vivien, Tolga, Felix, Ksawery und Laura arbeiten zusammen mit der ehemaligen Lehrerin Barbara Lauterbach im Schulgarten der alten Hauptschule in Gelsenkirchen-Scholven © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Wir haben Brennnesseln geschnitten, damit die anderen Pflanzen Luft bekommen“, sagt Abdul. Und Felix wirft ein: „Dabei haben wir ein Hummelnest gefunden.“ Bei allem Spaß ist der Gartentag für die Kinder ganz praktischer Unterricht im Fach Biologie. Flora und Fauna lernen sie nicht nur durch das Lehrbuch kennen, auch ganz real.„Wir haben Kartoffeln umgepflanzt, die wir überwintert haben“, erzählt Ksawery. „Und wir haben Tomatenbeete angelegt“, ergänzt Vivien. So langsam beginne auch die Erntezeit. „Wir haben schon Rhabarber geschnitten“, sagt Felix. Was die Kinder damit gemacht haben? „Kuchen gebacken und so gegessen.“ So wie die meisten einst, in Zucker getunkt? „Nee. Den haben wir in der Schule bekommen.“ Da gebe es keinen Zucker, erzählt der junge Mann.

Frischer Nachschub für die Küche

Wie groß die Gemüse- und Obst-Ernte ist, das kann man sich gut vorstellen. Umso wichtiger, dass alles auch verwertet wird. Dafür sorgen die Kinder schon, die Schüler und die Kleinen aus dem Kindergarten. „Wir verwerten die Ernte in unserer Küche. Die Kinder essen ja noch gerne Rohkost“, sagt Thomas Janka, der Einrichtungsleiter. Auf dem Papier ist er der Chef hier. Mit der Schließung der Schule bemühte man sich, den Garten dem Kindergarten zuzuschlagen. Damit sein Fortbestehen gesichert ist. Das hat geklappt.

Im Sommer kommen nahezu täglich Kinder her ins grüne Klassenzimmer, erleben natürlich Prozesse hautnah – und lernen sie zu schätzen. So wie ein besonders junger Mann, der am Rande des Erdbeerbeetes steht. Mit jeder seiner kleinen Hände umschließt er eine große rote Erdbeere wie einen wertvollen Schatz. „Die nehme ich mit nach Hause“, sagt er bedeutungsvoll.