Gelsenkirchen-Buer. . Kinder der Scholvener Kita Mehringstraße besuchen die Notfallambulanz und Tigerstation. Mit der Aktion sollen Ängste vor Ärzten abgebaut werden.
„Was ist eigentlich ein Notfall?“, wendet sich Jolanta Solochewitz fragend an die acht jungen Besucher. Sie alle drängen sich im kleinen Raum in der Notfallambulanz der Kinderklinik um die Erzieherin, die auf der Pritsche Platz genommen hat. Cheyenne meldet sich: „Wenn man das Bein gebrochen hat.“ Stimmt. Ein gutes Beispiel für viele mögliche Gründe, warum Eltern mit ihren Kindern her kommen.
„Ein Notfall kann überall passieren. Auf der Autobahn oder dem Spielplatz“, erklärt Jolanta Solochewitz weiter. „Und wie kommt man am schnellsten zu uns?“ – „Ich weiß es: mit dem Krankenwagen. Wenn es ein richtiger Notfall ist, dürfen die über Rot fahren“, ist Mia stolz auf ihr Wissen.
Keine Furcht vor Ärzten
Die kleinen Gäste aus der Kita Mehringstraße sind hochinteressiert. Von Angst keine Spur. Aber für sie ist es eben heute kein Notfall. Sie dürfen sich alles anschauen, haben aber keine Schmerzen dabei – und keine Furcht vor dem Arzt, der eventuell noch mehr macht, das wehtun könnte.
Mit solchen Besuchsaktionen wolle man Ängste abbauen, erklärt Sabine Ziegler, Pressesprecherin des Bergmannsheil-Krankenhauses und der Kinderklinik. Ein Angebot, das gut angenommen wird.
„Im vergangenen Jahr haben wir diese Führung rund zwanzig Mal gemacht. Die Nachfrage der Kitas ist groß. Wer einmal hier war, will immer wieder kommen. Denn es sind ja immer nur die Vorschulkinder dabei.“ Sie gehen den Weg eines kleinen Patienten nach. Und der beginnt eben in der Ambulanz.
Anfassen und Ausprobieren ist erlaubt
„Wie kann man denn noch schneller her kommen?“ Wieder ist das Wissen der Kleinen gefragt. Und wieder ist es Mia, die clever kombiniert: „Mit dem Hubschrauber. Der hat gar keine Ampeln zu beachten.“ Dann geht es an die medizinische Gerätschaft. Anfassen und Ausprobieren ist jetzt ausdrücklich erlaubt.
Das Fieberthermometer kennen alle schon aus der Kita. Ein Stethoskop haben die meisten auch schon gesehen. Also sind hier heute fast schon junge Experten versammelt. Sie ziehen nun weiter durch das Gebäude, vorbei an der Schule für kranke Kinder, durch das Foyer und hinauf auf die Tigerstation. Dort wird es jetzt richtig spannend.
Kindgerecht und liebevoll
Eine Klinik mit überörtlicher Bedeutung
In der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen werden jährlich 5560 junge Menschen stationär behandelt. In die Notfall-Ambulanz kommen jährlich rund 30.400 Patienten.
Denn die Klinik an der Adenauerallee in Buer ist mit dem Einzugsgebiet der Städte Gelsenkirchen und Bottrop und dem Kreis Recklinghausen von überörtliche Bedeutung.
„Die meisten Kinder ängstigt das Legen eines Zugangs“, weiß Sabine Ziegler. Wer hat das schon gern? Dennoch müsse es manchmal sein, erklärt Jolanta Solochewitz und nimmt sich eine Puppe, um den Eingriff gleich zu erklären – immer kindgerecht und liebevoll. Die Erzieherin übt eine Tätigkeit aus, die es nur in Kinderkliniken gibt.
Sie ist nah dran an den kleinen Patienten, betreut sie vielfach im Spielzimmer. So erfährt oft mehr als der Arzt im Patientengespräch. Denn Kinder wissen sich nicht auszudrücken wie Erwachsene, können Symptome oft nicht richtig beschreiben. „Beobachtung ist ein gutes diagnostisches Werkzeug“, erklärt Sabine Ziegler und zitiert den Ärztlichen Direktor der Kinderklinik, Dr. Gerrit Lautner: „Die Erzieher sind unsere Co-Therapeuten.“
Venenkatheder zum Anfassen
Jolanta Solochewitz schreitet zum großen Moment. „Manchmal ist man so krank, dass man eine Infusion bekommt. Das ist nichts anderes als eine Flasche mit Flüssigkeit. Da sind die Medikamente drin.“ Sie zückt das medizinische Gerät und schwups liegt der Puppe ein Zugang in der Hand. Dass die nicht aufschreit ist kein Wunder. Die Kinder drum herum aber bekommen große Augen.
„Das ist ein bisschen unangenehm. Früher haben die Ärzte gesagt, du brauchst keine Angst haben, das tut nicht weh. Heute wissen die Ärzte, dass die Kinder nicht dumm sind und sagen, das tut weh – aber nicht lange.“ Sympathischer wird der Eingriff den Kleinen dadurch auch nicht. Und jetzt sollen sie den Venenkatheter auch noch anfassen. Cheyenne ist die erste, die sich das traut – und ist dann doch ganz interessiert. So wie Mia, die sich an der Freundin ein Beispiel nimmt.