Gelsenkirchen-Hassel. . Nachwuchs-Imker der St.-Michael-Gemeinde in Hassel betreuen drei Völker im Schatten der St.-Theresia-Kirche. Projekt ist Teil der Sozialkirche.

Die Zeiten, in denen Gläubige im Hasseler St.-Theresia-Gotteshaus Lieder mitsummten, sie sind lange vorbei. 2007 bei der Bistums-Umstrukturierung geschlossen, 2016 als Flüchtlingsunterkunft genutzt, steht sie seit Monaten leer. Doch jetzt summt und brummt es wieder, wenn auch nur im Schatten des Kirchturms an der Polsumer Straße: Die St.-Michael-Gemeinde, zu der das Gebäude gehört, betreut dort drei Bienenstöcke – sie imkert gleichsam mit himmlischem Rückenwind.

Hermann Spickermann war es, Gemeindereferent mit Koordinierungsaufgaben, der das Projekt dem Gemeinderat vorschlug. „Anfangs wurde die Idee schon kritisch hinterfragt mit dem Tenor, ob das wirklich Aufgabe einer Gemeinde sei. Aber unser Ansatz in Hassel ist es ja, Segen für den Stadtteil zu sein, und da passt Imkern hervorragend zur Sozialkirche mit Repair-Café, Tafel-Ausgabestelle und Kleiderstube. Von dem Projekt profitieren Kindergärten, Schulen und alle Bürger mit Gärten. Deshalb haben wir auch 3900 Euro vom Quartiersfonds erhalten.“

Nachwuchs-Imker: „Das soziale Miteinander ist toll“

Flüssiges Gold, produziert von Hasseler Bienen im Schatten der St.-Theresia-Kirche: Schon im ersten Jahr konnten die Nachwuchs-Imker von St. Michael Honig ernten.
Flüssiges Gold, produziert von Hasseler Bienen im Schatten der St.-Theresia-Kirche: Schon im ersten Jahr konnten die Nachwuchs-Imker von St. Michael Honig ernten. © Thomas Schmidtke

Johannes Piaskowy nickt. „Das soziale Miteinander ist toll. Außerdem lerne ich ein neues Handwerk, bei dem am Ende ein besonderer Ertrag herauskommt.“ Konkret: Es waren sieben Kilogramm Honig, die das Team vor Kurzem unter Leitung des erfahrenen Hobby-Imkers Martin Spickermann (32) aus den Bienenwaben herausschleuderte.

Der Resser, Neffe des Gemeindereferenten, betreut die vier Hasseler, seitdem sie im Februar mit der Ausbildung in Sachen Bienenzucht begonnen haben. Mit im Boot ist auch die Parasitologin Dr. Pia Aumeier von der Ruhr-Universität Bochum, die über die Varroa-Milbe forscht und darüber zum Imkern gekommen ist. „Dieser Schädling befällt ausschließlich Honigbienen, saugt sie von innen aus, so dass sie sterben können“, so Theodor Kortmann (61), der bereits als junger Mann Zucht-Erfahrungen sammelte und die Arbeit mit den Tieren nun richtig genießt.

Königin verschwand mit einem Teil des Volkes

Der Rauch aus dem Smoker soll die Bienen beruhigen.
Der Rauch aus dem Smoker soll die Bienen beruhigen. © Thomas Schmidtke

Sorge vor Stichen hat keiner der Männer, wenn sie mindestens einmal in der Woche nach den Bienen sehen. „Wir verzichten auf hektische Bewegungen, da klappt das schon. Schutzkleidung tragen wir eigentlich nicht“, so Piaskowy.

Er ist stolz darauf, als Nachwuchs-Züchter mit einem größeren Wirtschaftsvolk begonnen zu haben und nicht wie andere Anfänger mit einem Jungvolk, das erst im nächsten Jahr Honig produziert. Auch dass die Teilung des Volkes funktionierte, freut ihn. „Dazu waren wir gezwungen, weil eines Tages die Königin mit einem Teil der Tiere weggeflogen war. Ihr war es wohl zu eng im Stock geworden.“

Männliche Tiere sind (fast) überflüssig

Die übrig gebliebenen Bienen versorgten daraufhin einige Larven mit Gelee Royale, einem besonders reichhaltigen Nektar, so dass königlicher Nachwuchs heranwachsen konnte. „Die Königin, die als erste schlüpft, sticht dann ihre Konkurrentinnen tot“, so Kortmann. Er weiß: Christliche Werte wie Nächstenliebe sind in der Natur fehl am Platz, Gemeinde-Bienen hin oder her. „Die männlichen Tiere werden von den Arbeitsbienen getötet, sobald sie die Königin begattet haben. Weil sie keinen Honig sammeln können, sind sie überflüssig geworden.“

Dass letztlich jede Biene ihre Funktion hat, alle aber nur gemeinsam überleben können, fasziniert ihn. „Davon können wir als Gemeinde eine Menge lernen. Jeder hat sein Talent, aber nur gemeinsam sind wir stark.“