Gelsenkirchen. In der gesamten Stadt Gelsenkirchen gilt ab Montag, 5. Januar, ein Sperrbezirk. Im Norden der Stadt ist die Prostitution dann tagsüber verboten.

„Die paar Anwohner“ im Eichkamp, die ziemlich genau vor einem Jahr ihren Hilferuf öffentlich gemacht haben, fühlen sich nun verstanden. Denn am Mittwoch hat die Bezirksregierung Münster den Antrag der Städte Gelsenkirchen und Herten auf Errichtung einer Sperrgebietsverordnung positiv entschieden.

Ab Montag, 5. Januar, gilt in der gesamten Stadt Gelsenkirchen ein Sperrbezirk. Im Norden – dem neuen Gebiet – zeitlich eingeschränkt: von 6 bis 20 Uhr während der Winterzeit und 6 bis 22 Uhr im Sommer.

Im Bereich der Münsterstraße gilt dieses Verbot auch im angrenzenden Herten. Hier hat der Regierungspräsident den Verlauf der Landstraße L 622 von Recklinghausen-Hochlar nach Resse als nördliche Grenze festgelegt. Ansonsten gilt das Verbot südlich bis zur Stadtgrenze von Herne.

Drastische Strafen drohen

Damit reagiert der Regierungspräsident auch auf die Beschwerden der Anwohner. Mehr als 30 Prostituierte gingen im Bereich Kleiweg und Münsterstraße ihrem Gewerbe nach. Anwohner berichteten wiederholt über „nackte Hintern und schaukelnde Autos“, die sie sich ansehen mussten. Und natürlich von der Verschmutzung. Kondome und anderer „Liebesmüll“ würden entlang des Kleiwegs einfach weggeschmissen. „Früher waren die Kinder im Sandkasten, heute spielen sie mit Kondomen“, schimpften sie.

Ein erster Schritt

Gelsenkirchens Rechtsdezernent Dr. Christopher Schmitt begrüßt die Entscheidung der Bezirksregierung. „An erster Stelle steht für uns der Schutz der Bürgerinnen und Bürger“, sagt er. Dabei komme dem Jugendschutz eine besondere Bedeutung zu. „Wir befinden uns jetzt auf einem guten Weg.“

Anwohner sehen Entwicklung „vorsichtig positiv“

Im Eichkamp hat man die Nachricht vom Sperrbezirk „vorsichtig positiv“ aufgenommen. „Wir begrüßen die Entscheidung“, sagt eine Anwohnerin. „Und bedanken uns beim Ordnungsamt und Oberbürgermeister Frank Baranowski für die Unterstützung“.

„Nach wie vor ist jedoch der dritte Schritt für uns entscheidend“, erwidert ein Nachbar. Und fordert weiterhin die „Zuweisung eines Bereiches nach dem Essener Modell“. Die Anwohner befürchten, dass gerade das wichtige Argument der „Kindeswohlgefährdung“ durch die zeitliche Befristung in Zukunft entfallen könnte.

Es gelte jetzt die Entwicklung zu beobachten, „nicht dass das Wandern einsetzt und die Dienstleistung in Herne tagsüber angeboten wird, um dann in der Nacht wieder zu uns zurück zu schwappen“.

Damit meint Schmitt, dass die Stadt Gelsenkirchen auch weiterhin nach einem Gelände suchen wird, wo sie sogenannte Verrichtungsboxen nach Essener Vorbild bauen kann. „Ich halte die jetzt vorgeschlagene Regelung als Zwischenschritt für unbedingt notwendig“, betont er. Zunächst werden daher die Mitarbeiter des Ordnungsamtes und der Polizei ab dem 5. Januar überprüfen, ob sie Prostituierte während der Tagesstunden im Stadtgebiet antreffen.

Beratungsangebote für die Frauen

Für den Fall bereitet die Stadt zurzeit Materialien vor. „Wir erstellen Broschüren in mehreren Sprachen, die die betroffenen Frauen über die neue Situation informieren“, sagt Martin Schulmann, Pressesprecher der Stadt Gelsenkirchen. „Darüber hinaus werden wir den Frauen Beratungsangebote machen“, so Schulmann.

Sollten die Damen nicht reagieren, drohen übrigens drastische Geldstrafen und sogar Freiheitsstrafen von bis zu sechs Monaten. Die „paar Anwohner“ haben also in Zukunft eine geringere Chance, „Bordsteinschwalben, die ein neues Habitat im Emscherbruch gefunden haben“ beobachten zu müssen. Sie können sich wieder auf Ringelnatter, Reh und Hase freuen.