Essen. .
„Plan B“, „Klub 100“ und „Peaches“ - so heißen die Gewinner des Rü-Awards, der am Samstag in den Katakomben verliehen wurde. Dort feierte sich der Stadtteil mit der größten Gastronomiedichte selbst - und bewies, dass Essen den Nachbarstädten in Sachen Nachtleben in nichts mehr nachsteht.
Viel Pomp, viel Glanz und oft viel Rauch um nichts - wenn in Hollywood die Oscars verliehen werden, ist Selbstinszenierung das A & O. Lobt Rüttenscheid einen Award aus, geht es ganz in Revier-Manier authentischer zu. Da heißt die begehrte Trophäe schlicht Rüdiger (eigentlich „Rü-diger“), schenken die Kellner Stauder statt Sekt aus und gehen die Erlöse nicht in die Kasse der Preisträger sondern an eine karitative Einrichtung.
Wie so viele gute Ideen ist auch der Rü-Award am Tresen aus der Taufe gehoben worden. Eine Privat-Initiative um Dirk Grünstäudl, Mode-Designer und bekennender Fan des Rüttenscheider „dolce vita“, hob den Gastronomie-Preis aus der Taufe. Seit Januar konnten alle Nachtschwärmer im Internet in den drei Kategorien Tanzfläche, Veranstaltung und Kneipe für ihren Favoriten abstimmen.
Ein Stadtteil als riesige Tanzfläche
Dass sie mit dem Publikumspreis den richtigen Riecher hatten, zeigte sich am Samstag im Katakombentheater. Vor ausverkauften Reihen wechselte die Trophäe, eine stilisierte Zeche, ihre Besitzer. Bereits zu Beginn wurde es spannend - Peaches, Goethe-Bunker und das MB28, ehemals Rossi-Club, kamen in der Kategorie Tanzfläche unter die besten Drei.
Die Nase vorn hatte schließlich das Peaches, das seit dem vergangenen Jahr in den Räumen der ehemaligen Capri-Bar Tanzwütigen ein Zuhause bietet. Laudator Caba Croll, seit Jahrzehnten feste DJ-Größe im Ruhrgebiet, macht schnell deutlich, dass eigentlich Rüttenscheid als riesige Tanzfläche gewonnen habe. Da konnte ihm auch Moderator Björn Schüngel, Stimme von Radio Essen, nur zustimmen. „Früher hieß es immer, dass man in Essen nicht feiern kann. Mittlerweile haben wir das Bochumer Bermuda-Dreieck überholt. Und ganz im Ernst: Auf die Junggesellenabschiede in Düsseldorf sind wir sowieso nicht scharf.“
„Wir müssen noch mehr die Werbetrommel rühren.“
Wie sehr Rüttenscheid seine Attraktivität auch in puncto Veranstaltungen steigern konnte, wurde bei der Verleihung des zweiten Preises deutlich. Dort schafften es die Partyreihen „NYC Rockstation“, „Alle in den Bunker“ und „Klub 100“ unter die ersten Drei. Dennoch fand Laudator Rolf Krane kritische Worte: „Wir haben in Rüttenscheid manchmal an die 30 Veranstaltungen im Monat - Theater und Gruga gar nicht mitgezählt. Manchmal weiß das allerdings keiner. Wir müssen noch mehr die Werbetrommel rühren.“ Den Preis teilen sich nun die beiden Plattenpäpste Klaus Fischer alias DJ Fishi und Hakan Candas alias Dr. H, die mit ihrem „Klub 100“ mittlerweile fester Bestandteil in zahlreichen Clubs sind und dort vor allem die Ü30-Generation mit House-Beats auf Betriebstemperatur bringen.
Dr. Thomas Stauder, Miteigentümer der gleichnamigen Brauerei, überreichte schließlich den Award in der Königsklasse - die beste Kneipe. Ein Feld, auf dem sich der 43-Jährige nicht nur beruflich auskennt - schwärmte er in seiner Laudatio schließlich selbst von der ein oder anderen Kneipentour im Essener Süden. Der Rü-Award sei längst überfällig - immerhin verfüge kein anderer Stadtteil über eine so große Gastronomiedichte wie Rüttenscheid. Etwa 160 Betriebe - von der Pommesbude bis zur edlen Szenebar - haben sich mittlerweile angesiedelt.
Nicht der Standort, sondern die Betreiber machen eine gute Kneipe aus
Dabei macht nach Meinung von Stauder nicht der Standort, sondern der Betreiber eine gute Kneipe aus - ein Attribut, das wohl auf alle nominierten Bars zutrifft. In die engere Auswahl schafften es Bliss, FCUK Yoga, Miamamia, NYC, und das Plan B. Als glückliche Gewinner standen am Ende Andre Moré und Andre Pohland, Betreiber des Plan B, auf der Bühne - und bewiesen in einer vor Stolz fast sprachlosen Dankesrede direkt, dass die Rüttenscheider Gastroszene zusammenhält. Ihren Preis, eine Zitty-Card, die in einer Auflage von 20.000 im gesamten Ruhrgebiet für die Gewinner-Kneipe werben soll, wollen sie sich mit den anderen Nominierten teilen - damit der gesamte Stadtteil etwas davon hat.
Einer der sich genau darum verdient gemacht hat, Rüttenscheid in alle Munde zu bringen, ist Rolf Krane. Laudator und WAZ-Gastronomie-Experte Michael Köster lobte, dass der IG Rü-Chef auch heiße Eisen wie die Rü-Sperrung anpacke und für seinen heiß geliebten Stadtteil kämpfe. Als Dankeschön bekam Krane einen Ehren-Rüdiger und zeigte sich gerührt: „Mit diesem Gemeinschaftsgefühl können wir Rüttenscheid noch weiter nach vorn bringen“, gab sich Krane in seiner Dankesrede optimistisch.
Auch die Initiatoren um Grünstäudl blicken bereits in die Zukunft und hoffen auf eine Neuauflage des Rü-Awards im kommenden Jahr. Dann böte sich auch die Chance, Gastronomen ins Rampenlicht zu rücken, die diesmal zu kurz kamen - etwa eine Kategorie für Kneipenklassiker wie Ampütte, Eule oder Brenner . Denn einen Preis, den haben eigentlich alle verdient, die Rüttenscheid so lebenswert machen.