Essen-Rüttenscheid. Das Kollektiv „Wir im Viertel“ präsentiert am 10. Juni jede Menge Kultur in 14 inhabergeführten Geschäften – meistens jenseits der Rü.

Moritz Behr von der Boutique „Traum in Tüten“ ist immer noch ganz gerührt, wenn er das Video auf seinem Smartphone präsentiert: „Letzte Woche kam eine junge Kundin aus Düsseldorf mit einer Art personalisiertem Shopping-Guide für Rüttenscheid vorbei. Eine Freundin hatte ihr das selbst gebastelte Album geschenkt und dort jede Menge Tipps und Empfehlungen nur für die kleinen Geschäfte in Rüttenscheid verewigt. Dabei kam auch die Freundin gar nicht von hier.“

Dass der inhabergeführte Einzelhandel eben solche Geschichten noch erzählen kann, dafür will sich das Kollektiv „Wir im Viertel“ stark machen. Dazu haben sich rund 30 Einzelhändler, Künstler, Musiker und Gastronomen zusammengeschlossen, die in den Seitenstraßen rund um die Rü zu Hause sind. Hervorgegangen ist das Netzwerk aus dem „Lebendigen Adventskalender“, bei dem Kunden jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit 24 kleine Geschenke in den beteiligten Geschäften sammeln können. „Es war immer unser Wunsch, noch mehr gemeinsam auf die Beine zu stellen“, erklärt Sandra Sherroun-Chartier, die sich den „Lebendigen Adventskalender“ ausgedacht und die Idee mittlerweile in andere Städte exportiert hat.

E-Rikscha zur Fortbewegung zwischen den Geschäften

Nach der Premiere im vergangenen Jahr präsentiert sich „Wir im Viertel“ am Freitag, 10. Juni, erneut bei einer Sommeraktion. Von 18 bis 22 Uhr öffnen 14 beteiligte Läden in Rüttenscheid ihre Türen für Kunst, Musik und Workshops – zum Einkaufen natürlich auch. Wer die kurzen Strecken nicht zu Fuß zurücklegen möchte, kann die elektronischen Rikschas nutzen, die Professor Rolf Schwermer zur Verfügung stellt – bekannt durch die Grüne Hauptstadt.

Jede Menge Musik im Programm

Max Nattkämper spielt Violine im neu eröffneten Café Kötter Junior, Rüttenscheider Straße 73.

Peers 89 spielen ein Akustik-Konzert in der Wohngemeinschaft, Hedwigstraße 7.

Singer-Songwriter Heiko Fänger und die Tiere seiner Kinder-CD „Ingas Garten“ sind zu Gast im Atelier „Wohnsinnig“, Dohmanns Kamp 2.

Marc Brenken und Freunde präsentieren Jazz im Le Fou, Brigitta­straße 12. Jazz-Fans sind ebenso gut aufgehoben im Lindenquartier, Klarastraße 44, wo Ralf Pretz spielt.

Darüber hinaus gibt es jede Menge Musik vom Plattenteller, Trommel-, Kaffee und Schmuck-Workshops, eine Ruhe-Zone sowie Kunst von Volker Troche. Der Eintritt ist für alle Veranstaltungen frei, Spenden gehen komplett an die Jugendhilfe Essen. Das gesamte Programm gibt es auch auf Facebook.

„Uns geht es darum, selbst etwas zu tun, statt nur über den wachsenden Online-Handel zu klagen. Wir möchten einen Mehrwert bieten und die Geschäfte in den Nebenstraßen bekannt machen“, erklärt Doris Brandsma, die mit ihrem Mann seit 2012 das Modegeschäft „Stakks“ betreibt. Dass die Seitenstraßen in den vergangenen Jahren an Potenzial zugelegt haben, davon ist auch Carla Linnéa Theis überzeugt. Sie eröffnete im vergangenen Jahr ihr Souvenir- und Einrichtungsgeschäft „Lindenquartier“ an der Klarastraße: „Natürlich habe ich mir zuvor auch Lokale an der Rüttenscheider Straße angeschaut. Als mir die Mietpreise genannt wurden, habe ich laut gelacht und mich verabschiedet. Den Schritt, in eine Seitenstraße zu gehen, habe ich nicht bereut. Wichtig ist, selbst aktiv zu werden.“

Dabei versteht sich „Wir im Viertel“ keinesfalls als Konkurrenz zur Interessengemeinschaft Rüttenscheid, sieht sich vielmehr als lose Gemeinschaft engagierter inhabergeführter Geschäfte. „Je mehr Menschen etwas fürs Viertel tun, umso besser“, so das Credo der Gruppe.