Essen. . Nur noch eine Handvoll Videotheken halten sich in Essen, dazu zählt beispielsweise „Video Corner“ im Stadtteil Holsterhausen. Mit viel Service wollen die Betreiber, Svenja und Dennis Schottstedt, als letzte Mohikaner in der Branche gegen die große Online-Konkurrenz bestehen.

Hand aufs Herz: wann waren sie das letzte Mal in einer Videothek und haben sich einen Film ausgeliehen? Wenn es lange her ist, vielleicht so lange, dass sie sich nicht mehr erinnern können, dann sind sie damit nicht allein. Die klassische Videothek verschwindet zunehmend aus dem Stadtbild. Der Interessenverband des Video- und Medienfachhandels in Deutschland (IVD) hat in den vergangenen zehn Jahren die Hälfte seiner Mitglieder verloren, nur noch 1888 Videotheken gab es Ende 2013 in Deutschland. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor. In Essen registrierte der IVD noch fünf Videotheken.

Mit die letzten Mohikaner in dem Geschäft sind Svenja und Dennis Schottstedt, die „Video Corner“ in Holsterhausen betreiben. Der Laden besteht seit 1986, im Jahr 2010 übernahmen sie das Geschäft vom Vorbesitzer. „Das ging damals sehr schnell“, erzählt Dennis Schottstedt, der seit 2005 gelegenheitlich bei „Video Corner“ arbeitete. Innerhalb weniger Wochen sei die Übergabe vonstatten gegangen. Seitdem ist seine Frau Eigentümerin, er selbst Angestellter und „Entertainer“, wie er sagt. Entertainerqualitäten braucht es nämlich heute, wenn man auf dem kriselnden Markt überleben will. „Unser Vorteil gegenüber illegalen und legalen Anbietern im Internet ist und bleibt der Service“, sagt er.

Sogar VHS-Kassetten werden noch verkauft

Mit viel Beratung helfen die Schottstedts und ihre drei Mitarbeiter ihren Kunden, sich zwischen den 5000 Filmen zurechtzufinden, die in den 120 Quadratmeter großen Räumlichkeiten stehen. Nahezu jeder Fleck Wandfläche ist mit DVDs und Blu-Rays bedeckt, in einer Ecke hinter der Verkaufstheke stehen sogar noch einige alte VHS-Kassetten. Die werden zwar nicht mehr verliehen. „Es kommen aber tatsächlich noch Leute, die unregelmäßig mal eine Kassette kaufen“, erzählt Dennis Schottstedt. Sie sind ein Teil der Stammkundschaft, die „Video Corner“ teilweise mehrmals in der Woche einen Besuch abstatten.

Am Freitagnachmittag herrscht reger Betrieb, alle paar Minuten betritt ein neuer Kunde das Geschäft. Altersmäßig bieten sie ein bunten Mix, es sind keinesfalls nur nostalgieversessene Rentner zu sehen, sondern auch viele junge Leute. Einer von ihnen ist Roman Friedrich. „Der persönliche Kontakt und die Betreuung; das können die Streaming-Dienste im Internet nicht bieten“, sagt auch er. Deswegen komme er auch zwei Mal die Woche hierher, um sich direkt mehrere Filme auszuleihen. Trotz der allgemeinen Hiobsbotschaften rund um die Branche droht „Video Corner“ nicht der Untergang. Fünf bis zehn neue Kunden pro Tag habe man, schätzt Dennis Schottstedt.

WM hat dem Geschäft geschadet

Der Sommer war allerdings nicht gut fürs Geschäft. „Sommerwetter ist kein Videothekenwetter. Und auch die Fußball-WM ist keine gute Zeit für uns“, erklärt er. „Für mich persönlich gibt es aber eigentlich kein schlechtes Wetter. Über Sonne freue ich mich privat, über Regen geschäftlich“. Zugute kommt dem Laden auch die zunehmende Monopolisierung des Marktes. „Wir bedienen mittlerweile fast den ganzen Essener Süden“, sagt Schottstedt.

Darüber hinaus bemüht sich das Inhaberpaar mit Sonderaktionen, zum Beispiel zu Weihnachten, um die Kunden. Dann werden Filme oder Gratismitgliedschaften verlost. „Wir haben uns hier mittlerweile wirklich einen Stamm aus tollen Kunden aufgebaut“, sagt Dennis Schottstedt stolz. Dank denen dürfte der Holsterhauser „Video Corner“ wohl noch einige Zeit überleben, als gallisches Dorf, dass gegen die römischen Armeen von Maxdome und Co. besteht.