Rüttenscheid. . Seit 60 Jahren waren die drei nicht mehr gemeinsam in Essen: Zur Enthüllung der Gedenktafel für ihren Vater Tadashi Nakamura, der Ende der 1980er-Jahre 200 Kirschbäume für die Rüttenscheider Straße schenkte, reisten Emiko, Yoshiki und Naoki Nakamura nun aus der ganzen Welt an – und warben für ein Blütenfest.
Als hätte Tadashi Nakamura persönlich die Schleusen geöffnet, regnet es pünktlich zur Enthüllung seiner Gedenk-Tafel. „Das Wetter zu diesem Anlass hätte ihm gefallen. Er stand nicht gerne im Mittelpunkt. Wäre er heute hier, würde er sich das Treiben ganz bequem vom Café aus anschauen und sein schlitzohriges Lächeln aufsetzen“, sagt Thomas Rüth vom Ruderklub am Baldeneysee. Er war über lange Jahre der Sportsfreund des passionierten Ruderers Nakamura – dem ersten Japaner in Essen. Der Mann, der die Kirschblüte auf die Rüttenscheider Straße brachte, als er der Stadt 1988 aus purer Dankbarkeit für die Gastfreundschaft 200 Bäume schenkte.
Vielleicht weint der Himmel aber auch ein paar Freudentränen: Für die drei Kinder Nakamuras, die eigens zur Enthüllung der Tafel aus Kanada, den USA und Japan angereist sind, überwiegt an diesem Tag die Wiedersehensfreude. Seit sie 1962 Deutschland verließen, waren die drei Geschwister nicht mehr gemeinsam in Essen. „Es ist schön, wieder hier zu sein – auch wenn viele Erinnerungen vage sind, wir waren noch so klein damals“, sagt Yoshiki Nakamura, mit 62 Jahren der Jüngste im Bunde. Viele ehemalige Weggefährten ihres Vaters, der damals für die Firma Mitsui den europäischen Markt betreute, sind gekommen.
Ein Wiedersehen mit dem ehemaligen Kindermädchen
Darunter die heute 80-jährige Ellen Mertens. Als Kindermädchen kam sie 1954 zu den Nakamuras an die Virchowstraße: „Die Drei waren so lieb und sind mir richtig ans Herz gewachsen. Ihr Vater Tadashi war immer eher ein Freund als mein Chef“, ist die Seniorin, die heute in Altenessen lebt, gerührt. Auch der Bredeneyer Hans Leuwer, langjähriger Freund und Geschäftspartner Nakamuras, begrüßt die Nakamura-Kinder herzlich, früher feierten die Familien zusammen Weihnachten.
„Wir bedanken uns bei allen Menschen, die mit viel Zeit und Geld geholfen haben, die Erinnerung an unseren Vater wach zu halten. Essen war seine zweite Heimat“, sagt Emiko Nakamura (66) in perfektem Deutsch. Sie begleitete ihren Vater 2006 bei seiner letzten Reise nach Essen. „Damals sagte er zu mir, dass wir uns wohl nicht wieder sehen“, erinnert sich Thomas Rüth an die bewegende, letzte Begegnung mit dem 2009 verstorbenen Nakamura.
„Unser Vater lehrte uns Weltoffenheit“
Emiko und ihre beiden Brüder denken voller Dankbarkeit an ihren Vater zurück: „Als wir damals nach Deutschland kamen, eigneten wir uns die Kultur an, wurden nicht auf eine japanische Schule geschickt, wie es heute oft der Fall ist. Unser Vater wollte, dass wir das Land und die Menschen kennenlernen. Das ist sicherlich der Grund, warum wir alle heute so weltoffen sind und über den ganzen Globus verstreut wohnen“, sagt Emiko.
Und noch eines gab Tadashi seinen Kindern, die noch bis Montag auf Deutschlandbesuch sind, mit auf den Weg: Die Vorliebe für deftige Hausmannskost, wie Emiko mit einem Lächeln bemerkt: „Jeden Tag Bier und Wurst – da habe ich mich lange drauf gefreut.“
2015 könnte erstes Kirschblütenfest steigen
„Ihr braucht ein Hanami!“ stellt Emiko Nakamura unmissverständlich aber mit einem Lächeln fest. Tatsächlich denkt die Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR), die gemeinsam mit Hans Leuwer, Thomas Rüth und weiteren Weggefährten Nakamuras die Gedenktafel realisierte, schon länger über ein japanisches Kirschblütenfest nach. Da die Kirschen aber jedes Jahr zu einem anderen Zeitpunkt blühen, sei die Realisierung nicht allzu einfach. Am Rande der Enthüllung fand IGR-Vorsitzender Rolf Krane gestern einige Unterstützer, auch Gespräche mit dem japanischen Konsulat sollen demnächst geführt werden.
In Japan wird das Hanami mit Freunden und Kollegen unter freiem Himmel gefeiert, oft mit viel Bier und Raki, japanischem Reiswein. Auch in Deutschland wird das Fest vielerorts, etwa in Düsseldorf und Hamburg, gefeiert. Die japanische Gemeinde in Essen ist im Vergleich zur Landeshauptstadt recht klein: 110 Japaner leben zurzeit in Essen. „Da hat die Stadt damals leider geschlafen, wo wir mit Tadashi Nakamura schon den ersten Japaner der Nachkriegszeit beherbergen durften“, räumte auch Bürgermeister Rudolf Jelinek bei der Enthüllung gestern ein.
Hier gibt’s die Tafel als PDF.