Essen. . Die Grünen begrüßen die Pläne der Hopf-Gruppe an der Rüttenscheider Brücke insgesamt. Im Detail formuliert Ratsherr Rolf Fliß aber Bedingungen, die das Projekt fast beerdigen würden.

Bislang ist er nur eine Idee, die erst noch in Form gegossen werden muss: Der „Deckel“ auf dem Graben zwischen Wittekindstraße und Girardethaus. Politisches Räuspern verursacht allein die Ankündigung aber schon jetzt. Die SPD- und CDU-Fraktionen haben die Pläne der Immobilienentwickler Hopf, die im neuen Jahr konkretisiert werden sollen, bereits begrüßt – unter der Maßgabe, dass Verkehr und Nachbarschaft in hohem Maße berücksichtigt werden. Nun haben sich auch die Grünen in einer Stellungnahme geäußert. Auch sie sprechen von einem „wegweisenden Schritt für Rüttenscheid“ – aber nicht, ohne zahlreiche „Wenn und Aber“ anzufügen.

„Durch diesen neuen, attraktiven Stadtplatz werden zwei Seiten Rüttenscheids, die jahrzehntelang durch einen Eisenbahnlinie getrennt wurden, wieder zusammengeführt“, formuliert Grünen-Ratsfrau Elisabeth Mews zu Beginn. „Allerdings können wir uns kein Parkhaus zwischen Rüttenscheider Brücke und Alfredbrücke vorstellen, weil dadurch die baumbestandenen, stadtbildprägenden Bahnböschungen komplett verloren gingen“, wird Stadtteilgruppensprecher und Ratsherr Rolf Fliß anschließend zitiert. Gleichzeitig warnt Fliß in diesem Zusammenhang vor möglichen „Angst-Räumen“ für Fußgänger und Radfahrer, die durch ein Parkhaus entstehen könnten.

„Wahrung des Baumbestandes auf den Bahnböschungen“

Von der Gegenseite in Richtung Alfredbrücke war dabei bislang allerdings nie die Rede – Hopf plant, die Fläche auf der „Sportplatz-Seite“ zu entwickeln, etwa bis zum Ende der Terrasse des heutigen „Hudsons“. Dass dort auch Parkflächen geschaffen werden müssen, steht dabei außer Frage – in welcher Form dies geschieht, ist aber noch völlig unklar.

Die Grünen bringen einen weiteren Kritikpunkt an: Der alte Güterbahnhof sei demnach heute eine „Belüftungsschneise“, die Schaden nehmen könne, was für die Grünen „nicht hinnehmbar sei“. Auch dürften die Blick- und Sichtachsen in west-östlicher Richtung nicht versperrt werden. Es sei äußerst angenehm, „aus den Straßenschluchten Rüttenscheids herauszutreten, um von der Rüttenscheider Brücke seinen Blick in die Ferne schweifen zu lassen“, so Fliß poetisch.

Unter stadtökologischen, klimatologischen und architektonischen Gesichtspunkten müsse sich ein Brückenschlag mit Randbebauung „maßvoll und behutsam unter Wahrung des Baumbestandes auf den Bahnböschungen“ ins Wohnumfeld einfügen.

Abschließend finden die Grünen versöhnliche Worte: So heißt es, dass ein „Stadtplatz mit Aufenthaltsqualität“ ein „großer und wegweisender Schritt“ sei. Wie sich ein solcher Platz unter Berücksichtigung all ihrer Forderungen realisieren ließe, bleibt allerdings offen.

Kommentar - Wenn Fliß den Blick schweifen lässt

Pferde scheu machen, die es noch gar nicht gibt: Die Stellungnahme trägt den Titel „Grüne begrüßen den Brückenschlag zwischen Girardet und Eigelstein unter Rahmenbedingungen“. Diese Rahmenbedingungen entpuppen sich über weite Strecken des Schreibens schlicht als Populismus. Dass Bürgermeister Rolf Fliß Angst vor möglichen neuen Angsträumen hat, verwundert. Denn nichts anderes sind die aktuellen Unterführungen unter der Alfred- und Rüttenscheider Brücke doch längst. Eine Veränderung an dieser Stelle müsste fast zwangsläufig zu einer Verbesserung führen.

Prophylaktisch wird auch vor Rodungen gewarnt. Aber im Ernst: „Stadtbildprägende Böschungen“? Niemand kann wollen, dass mit einem Neubau alles vorhandene Grün abrasiert wird. Andererseits ist der Messeparkplatz bislang nicht zwingend durch botanische Wohlfühlqualität aufgefallen. Zuletzt wird noch die Wahrung der Frischluftschneise angemahnt. Sicherlich sinnvoll in diesem dicht besiedelten Stadtteil. Ungeklärt bleibt, wer dort wirklich seinen Blick – wie so winnetouesk formuliert – „in die Ferne schweifen“ lässt: also auf einen Parkplatz und ein Heizwerk. Von erholungsbedürftigen Menschentrauben auf der Rüttenscheider Brücke ist wenig bekannt. Politik muss sich einmischen, den Finger drauf halten. Aber bitte erst dann, wenn es auch eine Diskussionsgrundlage gibt.