Essen. . Der Weinhandel Bürgerheim blickt auf eine Tradition seit 1867 zurück. Ursprünglich als Gesellschaftsverein des preußischen Adels gegründet, blieb vom Bürgerheim der Weinhandel übrig. Nun will Torsten Görke das geschichtsreiche Unternehmen in die Moderne führen.

Könnten die dicken Mauern sprechen, sie hätten unterhalb des Weinhandels „Bürgerheim“ sicherlich eine Menge zu erzählen. Wahre Schätze lagern im Untergrund an der Kronprinzenstraße, wo die Essener Hautevolee noch bis vor wenigen Jahrzehnten rauschende Feste feierte. „Einige Weine dort sind aus den Zwanzigern des vergangenen Jahrhunderts“, erklärt Torsten Görke, der vor zwei Jahren als Geschäftsführer in die GmbH einstieg und die lange Weintradition in die Moderne führen will.

Weine für die Hautevolee

An seiner Seite weiß er dabei Alfred Wolters, der seit mehr als 30 Jahren die Geschichte des Bürgerheims begleitet und wohl zu jedem Zentimeter des riesigen Weinkellers eine Anekdote erzählen könnte. „Ursprünglich geht das Bürgerheim aus einem Gesellschaftsverein hervor, der 1805 vom preußischen Adel gegründet wurde. Dort trafen sich gut situierten Bürger zu gemeinsamen Veranstaltungen und um ihre Kinder miteinander bekannt zu machen“, erklärt Wolters. Während der typische Malocher im Revier Bier trank, rollte beim Gesellschaftsverein, der ursprünglich am III. Hagen in der Innenstadt beheimatet war, fässerweise Wein vor - nur für Mitglieder, versteht sich. „Wer in Essen etwas auf sich hielt, trat dieser Sozietät bei“, erklärt Wolters. Da versteht es sich fast von selbst, dass auch die Familie Krupp sich engagierte. Der konzerneigene „Krupp’sche Weinhandel“, ging 1966 sogar ganz in der „AG Bürgerheim“ auf.

Die zog schließlich an den heutigen Standort um, das einstige Wohnhaus der Familie von Waldhausen, das die AG vor zwei Jahren wegen zu hoher Instandhaltungskosten in die Insolvenz trieb. „Der Weinhandel wurde als GmbH ausgegliedert und konnte so weitergeführt werden“, erklärt Görke. Der Laden ist heute in den ehemaligen Stallungen untergebracht. Wo früher Mägde und Vieh schliefen, gehen heute Weine von fünf bis 5000 Euro über die Theke. Neben den Stammkunden, die auch aus den Vorstandsetagen der umliegenden Unternehmen stammen, verschifft der Weinhandel mitunter auch Großbestellungen nach Asien, einmal etwa 13.000 Flaschen nach Taiwan. „Der Weinhandel ist internationaler geworden. Dabei haftet Wein längst nicht mehr das elitäre Image von einst an. Auch junge Menschen haben Roten und Weißen für sich entdeckt“, hat Torsten Görke beobachtet. Die Historie aber lebt im Bürgerheim dennoch weiter. „Auch, wenn wir auf so neumodische Trends wie Pinot Grigio reagieren“, ergänzt Alfred Wolters. Wein ist eben Geschmackssache.

Von der Werbung zum Wein

Als Torsten Görke vor zwei Jahren die Anteile der von ihm mit begründeten Essener Werbeagentur „TAS“ verkaufte, wollte er eigentlich nur eine berufliche Auszeit. Dass daraus ein kompletter Wechsel des Metiers wurde, ahnte er da noch nicht. Heute weiß der 48-Jährige beide Branchen miteinander zu verquicken. Gemeinsam mit Michael Lübbert vom Schlosshotel Hugenpoet erdachte er das Festival „Wein & Lebensart Ruhr“, bei dem Geschmack und Sinne gleichermaßen angesprochen werden soll. Dabei kann Wein ebenso auf elektronische Musik wie auf eine Ausstellung treffen. „Wein ist bei allen Altersgruppen ein Riesenthema“, ist Görke überzeugt.

Eine Veranstaltung im Rahmen des Festivals ist die Essener Weinmatinee, auch als Herbstweinprobe bekannt, am Samstag, 27. Oktober, von 13 bis 19 Uhr in der Philharmonie. 50 Winzer aus der ganzen Welt stellen dort rund 500 Weine vor, die verkostet werden können. Zudem werden Seminare zu Themen wie Wein & Käse, Champagner und Cognac angeboten. Eintrittskarten kosten 15 Euro, darin ist die Verkostung von Weinen (bis zu einem Verkaufspreis von 30 Euro) enthalten. Karten gibt es unter 720036.