Essen-Rüttenscheid. . Nach dem tödlichen Familiendrama, bei dem in Rüttenscheid eine 41-Jährige zunächst ihre siebenjährige Tochter und dann sich selbst erstach, sind die Nachbarn in der Emmastraße fassungslos. Einige legten Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Die Mordkommission sicherte am Montag weiter Spuren.
Die Sonne, die am Montagmittag über Rüttenscheid scheint, sie wirkt irgendwie fehl am Platz. Zwei Tage nach dem grausamen Familiendrama, bei dem eine 41-Jährige zunächst ihre siebenjährige Tochter und danach sich selbst erstach, fehlen den Nachbarn in der Emmastraße die Worte.
Auch Wilhelm Sicking, der direkt im Haus nebenan wohnt, ist geschockt. Am Sonntagnachmittag war er von einem Campingtrip zurück gekehrt, seine Mieter berichteten ihm von der grausamen Tat: „Das ist so schrecklich. Die Kleine war ein so fröhliches und hübsches Mädchen“, sagt der 74-Jährige. Er half der Mutter häufig bei der Gartenarbeit, das Mädchen kam oft in sein Haus, um mit einem Nachbarskind zu spielen. Begreifen kann Wilhelm Sicking die Tat nicht: „Ich habe die Frau als eine sehr disziplinierte und freundliche Person kennengelernt. Vor allem die Brutalität, mit der die Tat ausgeübt wurde, schockiert mich“, sagt er. Wie ihm geht es vielen Nachbarn. Einige haben Blumen in den Hauseingang gelegt. Die Eltern des nahe gelegenen Spielplatzes an der Hedwigstraße zündeten Kerzen an. „Wir sind sprachlos und traurig. Mögen Mutter und Tochter in Frieden ruhen“, haben sie auf einen Zettel geschrieben.
„So etwas kann man mit gesundem Menschenverstand nicht begreifen“
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Der Spielplatz ist nur wenige Meter weit weg. Eine Mutter spielt dort mit ihrem kleinen Sohn im Sandkasten. „So etwas kann man mit gesundem Menschenverstand nicht begreifen“, sagt sie. Auch am Kiosk nebenan ist das Familiendrama das allbestimmende Thema. „Ich habe die halbe Nacht nicht geschlafen deswegen“, sagt die Verkäuferin. Sie hat selbst drei Enkel, einen Jungen in dem Alter des getöteten Mädchens. In ihre Stimme mischt sich neben Trauer auch Wut: „Wie kann man nur ein unschuldiges Kind da mit herein ziehen?“, fragt die Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
Dr. med. Peter Mühling, der als Psychotherapeut in der Witteringstraße praktiziert, möchte kein Pauschalurteil über die 41-jährige Mutter fällen: „Generell ist es in solchen Fällen aber häufig so, dass die Menschen mit der Gesellschaft überfordert sind und in einem Suizid und dem Tod ihrer Kinder den letzten Ausweg sehen“, sagt er. Die Welt sei für den Menschen schlichtweg zu schnell geworden. „Das Zauberwort ist Entschleunigung“, sagt Mühling. Nach Angaben einiger Nachbarn konnte die Frau aufgrund einer Depression ihren Beruf nicht mehr ausüben.
Beim Jugendamt noch nie in Erscheinung getreten
Bei der Polizei ist über eine psychische Erkrankung der Frau nichts bekannt, sagt Sprecher Peter Elke. Zudem sei die Familie auch beim Jugendamt noch nie in Erscheinung getreten. Gestern waren erneut Beamte der Kriminaltechnik vor Ort, um Spuren zu sichern und Proben zu nehmen. Die Mordkommission will dadurch den Tathergang im Detail rekonstruieren. Auch der Vater und weitere Familienmitglieder wurden intensiv vernommen. Die Befragung muss nun ausgewertet werden. „Wir schließen jede Mitverantwortung weiterer Personen zum jetzigen Zeitpunkt aus“, sagt Elke. Die Beamten, die am Samstag die Leichen in der Wohnung entdeckt hatten, werden noch immer psychologisch betreut. Sie seien inzwischen wieder dienstfähig und es gehe ihnen den Umständen entsprechend gut. Dennoch brauche es Zeit, das Geschehen zu verarbeiten - auch für die Nachbarn in der Emmastraße.