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Kunst oder Hund, das ist hier die Frage. Auf einer Bürgerversammlung im Robert-Schmidt-Berufskolleg stritten Skulpturen- mit Tierfreunden um den Rasen am Moltkeplatz. Dort können Kunstfreunde Skultpturen bewundern - und Hunde ihr Geschäft verrichten.

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Von DerWesten

Bewundernd beschnüffelt er die Kunst. Das „Hannover Tor“ gefällt, eine wohlriechende Skulptur, noch schnell das Revier markiert, weiter geht’s. Soviel Interesse für die „Kunst am Moltkeplatz“ (KaM), da könnte sich der Verein eigentlich glücklich schätzen. Bloß passt der schnuppernde Golden Retriever nicht ganz in die Zielgruppe, die schnüffelnde Auseinandersetzung mit dem Werk befremdet, scheint er doch eher Banause als Kenner und – nun ja — ganz rasenrein ist er wohl auch nicht. Und so ist rund um die Hunde-/Kunstwiese am Moltkeplatz ein Streit entbrannt: Hund oder Kunst, das ist hier die Frage.

Ein solcher Aufschrei des Protests: Grünen-Bezirksvertreter Reinhard Mielke wirkt ein wenig überrascht. Dabei hat er selbst den Stein ins Rollen gebracht, den Antrag auf „Entwidmung der Wiese“ gestellt; die Begründung: Übernutzung. Ein wenig kleinlaut sitzt er nun auf dem Podium der Aula im Robert- Schmidt-Berufskolleg, vor ihm verhärtete Fronten aus Hundebesitzern und Kunstfreunden. Bezirksbürgermeister Peter Valerius (CDU) hat zur Bürgerversammlung geladen, will Meinungen hören, „Statements“. Denn die Bezirksvertretung I muss am morgigen Dienstag über das Schicksal einer gefragten Wiese entscheiden.

Idyllisches Kleinod oder dreckiges Matschfeld?

Applaus und Zwischenrufe lassen ahnen: Die Tierfreunde sind in der Überzahl. Mit über 400 gesammelten Unterschriften trumpfen sie auf, „nicht nur von Hundebesitzern“ stellt Rita Jurgens-Krüssmann klar. Die Hunde-/Kunstwiese, in ihren Worten ist sie ein idyllisches Kleinod, gleich „einer Dorflinde, wo Jung und Alt sich treffen, Freundschaften entstehen“. Vom „friedlichen Miteinander“ ist die Rede, von „artgerechter Hundehaltung“, vom Hundebesitzer als Gutmensch, der fast jede „Hinterlassenschaft“ beseitigt und überhaupt: Man störe sich ja auch nicht an den Kunstwerken.

Nur ist das kleine Paradies der Hundeliebhaber in den Augen der Kunstfreunde ein dreckiges Matschfeld. Da verwechsele Pfiffi Kunst mit Baum, Hundekot bleibe gleich haufenweise liegen und an den Schuhen der Kunstfreunde kleben. Die wiederum gingen kaum noch auf Tuchfühlung mit den Werken, die Angst vor den Hunde(haufen)massen sei zu groß, denn die Tiere würden ja aufgrund eines Internethinweises sogar von außerhalb heran gekarrt. Volker Wagenitz, Vorsitzender der KaM, ist besorgt: „Die Schäden an der Rasenfläche werden von Jahr zu Jahr größer. Schauspieler, Artisten, Künstler kommen einmal und nicht wieder.“

Kompromiss nicht ausgeschlossen

Für die Kunstfreunde ist die Sache klar: Hunde und Kunst sollten von nun an auf getrennte Wiesen gehen. Längst gebe es in der Nachbarschaft eine weitere ausgewiesene Hundewiese, an der Richard-Wagner-Straße sollten sich Hund und Herrchen austoben, der Moltkeplatz den Zweibeinern bleiben. Kein Zaun, keine Beleuchtung, viel zu gefährlich: Der Protest der Hundefreunde folgt sogleich. „Da ließe sich doch was machen.“ „Aber wer soll das bezahlen?“ „Soll die Kunst doch weichen!“

Viel Missgunst, aber keine Lösung: Ein sichtlich genervter Bezirksbürgermeister räumte nach zwei Stunden das Podium, genug diskutiert, kein Kompromiss in Sicht – oder vielleicht doch? Kunstfreund Mielke gab sich gegen Ende der Bürgerversammlung vorsichtig kompromissbereit: „Vielleicht würde es ja schon reichen, den Internethinweis auf die Hundewiese zu entfernen, damit es weniger Hunde würden. Damit könnten eventuell beide Seiten leben.“