Essen-Bredeney. . Mike Schmitz verlor mit 19 ein Bein bei einem Motorrad-Unfall. Seit er mit einer elektrischen Prothese unterwegs ist, wird er immer sportlicher.
Dass man mit einer Beinprothese ein fast normales Leben führen und sportlich erfolgreich sein kann, beweist Mike Schmitz. Der 47-jährige Bredeneyer ist täglich mit dem Rad oder Nordic-Walking-Stöcken unterwegs, nimmt an diversen Wettkämpfen teil – und wird immer besser. „Meine Zeiten sind mittlerweile bei Fünf- oder auch 8,5-Kilometer-Läufen so gut, dass ich mich nur noch mit Zweibeinern messe. Und die überhole ich regelmäßig“, sagt Mike Schmitz und lacht.
Das Leben nach seinem Motorrad-Unfall mit 19 Jahren, bei dem er sein rechtes Bein bis zum Oberschenkel verlor, teilt Schmitz in drei Abschnitte ein: die 24 Jahre mit mechanischer Prothese, zwei Jahre mit elektrischer und das letzte halbe Jahr mit einer neuen High-Tech-Prothese. Diese werde durch mehrere Mikroprozessoren gesteuert und lasse sich von Geh- auf Radfahr- oder Treppenmodus umschalten. Solche Technik sei natürlich nicht billig, sagt Schmitz.
High-Tech für mehr Lebensqualität
Sein High-Tech-Ersatzbein koste eine hohe fünfstellige Summe, allein für die regelmäßigen Inspektionen werde ein vierstelliger Betrag fällig. Bevor die Krankenkasse ihm die neue Prothese bewilligt habe, habe er für den Medizinischen Dienst Tests absolvieren müssen. „Meine Lebensqualität hat sich durch die Prothese enorm erhöht. Ich bin Breitensportler, aber mein Ehrgeiz ist geweckt. Ich merke, dass ich viel erreichen kann“, will er anderen Menschen mit einer Behinderung Mut machen.
Den Kopf in den Sand zu stecken, das sei nicht sein Ding. „Klar gibt es immer wieder Tage, an denen du denkst: Warum ich? Aber dann bin ich dankbar, dass ich jetzt soviel mehr kann als früher“, sagt der kaufmännische Angestellte. Zum Glück sei er direkt nach dem Unfall an Krücken gelaufen. „Dann schwindet die Kraft nicht komplett.“ 70 Kilometer mit dem Cross-Bike, starkes Gefälle, Treppen, Autofahren – für Mike Schmitz heute kein Problem mehr.
Jetzt im Sommer geht der Bredeneyer gern ins Grugabad, springt sogar vom Drei-Meter-Turm. „Die Prothese ist wassertauglich und macht Kraul-Bewegungen“, erläutert Schmitz, der im Urlaub auch gern in den Bergen wandert. An die ersten Urlaube nach dem Unfall erinnert er sich ungern: „Da bin ich am Strand mit langer Hose herumgelaufen, habe erzählt, das Bein sei gebrochen, weil ich mich geschämt habe, es zu zeigen.“
Das Bein an der Steckdose
Heute gehe er selbstbewusst mit seiner Behinderung um, meldet sich am Telefon auch schon mal mit „Prothesen-Mike“. „Es kommt auf den Menschen an, nicht darauf, ob man ein oder zwei Beine hat“, sagt er. Genau so habe auch seine heutige Ehefrau reagiert, die er vor 14 Jahren in einer Rüttenscheider Kneipe kennengelernt habe und die seine Leidenschaft für sportliche Aktivitäten teilt.
Wenn er es mit dem Sport übertreibe und die Prothese zu heiß werde, sei ein Signal zu hören. Etwa alle fünf Tage müsse der Akku der Prothese aufgeladen werden: „Dann stelle ich mein Bein an die Steckdose“, so Schmitz.
Nicht nur der Sport ist die große Leidenschaft von Mike Schmitz. Seit 1978 ist er Fan des Sängers Marius Müller-Westernhagen, hat schon 54 Konzerte besucht. Der Sänger habe ihn sogar von der Bühne aus angesprochen und kennt auch seine Geschichte.
Ein Lied über Motivation und Inspiration
Über die Westernhagen-Szene lernte Schmitz vor sechs Jahren den Berliner Musiker Andreas Weitersagen kennen, der mit einer Westernhagen-Cover-Show auftritt. „Der war so begeistert von meinen sportlichen Aktivitäten, dass er mir ein Lied geschrieben hat, in dem es um Motivation und Inspiration geht“, sagt Schmitz.
Den rockigen Song „Du schaffst das“ wird Andreas Weitersagen auch bei seinem Auftritt am 24. Juni auf der Partymeile Dorf Münsterland in Ledgen singen. „Da werde ich mit meiner Frau hinfahren. Es ist geplant, dass ich bei dem Lied auf die Bühne komme“, so Schmitz. Ziel der Aktion sei, anderen Menschen mit Handicap Mut zu machen.
Wenn Schmitz nicht gerade in Sachen Musik unterwegs ist, zieht es ihn zu Borussia Dortmund ins Stadion. Die BVB-Fanartikel liegen jedenfalls gleich neben der Westernhagen-Sonnenbrille in der Vitrine des Bredeneyers.