Essener Stadtteile. . Mitarbeiter der Essener Jugendhilfe setzen sich für einen besseren Dialog ein, wenn sich Nachbarn durch den Lärm auf Bolzplätzen gestört fühlen.

Die Geschichte über die Jugendlichen aus Rellinghausen, die durch das Ordnungsamt vom Bolzplatz an der Sartoriusstraße vertrieben wurden, sorgte für Wirbel. Denn die Jungs im Alter zwischen 15 und 17 Jahren sind kein Einzelfall. Das Thema beschäftigt vor allem die Jugendhilfe schon lange im gesamten Stadtgebiet. Firat Aymaz, der als Jugendsozialarbeiter in den Bezirken I und II unterwegs ist, und Frank Felden, Teamleiter für Kinder- und Jugendarbeit, werben für mehr Akzeptanz.

Welche Rolle spielen Bolzplätze in der Jugendarbeit?

Firat Aymaz: Fußball ist häufig der kleinste gemeinsame Nenner. Deswegen ist der Sport auch eine gute Chance für uns, an die Jugendlichen heran zu kommen. Wir veranstalten häufig Turniere mit Hobbymannschaften. Die Teams sprechen wir gezielt auf den Plätzen an und fragen, ob sie sich einbringen möchten.
Frank Felden: Bolzplätze und auch andere freie Flächen im öffentlichen Raum sind wichtig – Jugendliche brauchen sie zum Austausch. Sie wollen eben nicht immer in ein Jugendhaus oder einen Verein, ihnen müssen auch Plätze zur Verfügung stehen, wo sie sich ohne Konventionen treffen können.

Auch interessant

Kommt es häufig vor, dass sich Nachbarn beschweren?

Felden: Generell beobachten wir, dass es meist zwei oder drei Nachbarn sind, die sich gestört fühlen und dann an die Politik oder das Ordnungsamt herantreten. Das ist schade – schließlich könnte man auch auf die Jugendlichen direkt zugehen. Diesen Dialog wollen wir fördern.

Und wie stellen Sie sich das vor?

Felden: Wir haben im vergangenen Jahr ein Ampelsystem eingeführt. Kommt es zu einer Beschwerde, werden wir beispielsweise von der Bezirksvertretung oder den Ordnungsbehörden informiert. Wir gehen dann gezielt raus und schauen uns die Situation vor Ort an. Zu 80 bis 90 Prozent handelt es sich um Jugendliche, die tatsächlich nur Fußball spielen wollen. Nur sehr selten steht die Ampel auf Gelb oder sogar Rot, dann sind etwa Alkohol oder Kriminalität im Spiel. Wir wollen das Thema auf keinen Fall verharmlosen, natürlich gibt es problematische Fälle. Ihr Anteil insgesamt ist aber gering. Unser Anliegen ist es, Nachbarn und Jugendliche zusammenzubringen. Das haben wir in diesem Jahr etwa an der Kreisstraße in Borbeck gemacht, wo wir bei einem Fußball-Sommerfest gut 100 Nachbarn und Jugendliche zusammengebracht haben.

Wo genau liegt denn das Kernproblem?

Aymaz: Kinder werden zum Glück durch etliche Rechte geschützt, etwa was den Lärm angeht. Werden sie aber 15 Jahre alt, ist das schlagartig vorbei. Jugendliche werden oft generell als Bedrohung wahrgenommen. Bei jungen Männern aus anderen Kulturkreisen zum Beispiel wird allein ihre Gestik mitunter als aggressiv wahrgenommen, obwohl die Jugendlichen eigentlich ganz harmlos sind.

Felden: Jugendliche müssen ein Recht darauf haben, sich im öffentlichen Raum aufzuhalten. Deswegen gibt es Überlegungen, formelle Räume zu schaffen.

Was genau ist damit gemeint?

Felden: In anderen Städten gibt es zum Beispiel ausgewiesene Bolzplätze, die dann auch bis 23 Uhr geöffnet sind. Darauf können sowohl Jugendliche, als auch Erwachsene spielen. Es wäre eine Überlegung, solche Räume auch in Essen zu schaffen. Es ist doch paradox, für tausende Euro fabelhafte Kunstrasenplätze zu bauen, wenn sie am Ende nicht genutzt werden dürfen. Natürlich haben auch die Anwohner ein Recht auf Ruhe. Aber es muss dann einfach mehr miteinander gesprochen werden.