Rüttenscheid. Nach über 30 Jahren: Die Stadt Essen macht durch Grundstückskäufe den Weg für eine neue Radtrasse auf dem alten Rommenhöller Gleis frei.
Wer seinen Fuß auf das Rommenhöller Gleis setzt, muss nicht befürchten unter die Räder zu kommen. Der letzte Güterzug rollte Anfang der 1980er-Jahre zur Kohlensäure-Fabrik „Rommenhöller“, der die Strecke ihren Namen verdankt. Seitdem sagen sich hier sprichwörtlich Fuchs und Hase gute Nacht. Damit könnte es nun bald vorbei sein, denn der Fachausschuss für Stadtplanung und Bauordnung des Stadtrates hat grünes Licht für den Ankauf mehrerer Grundstücke von der Deutschen Bahn gegeben. Damit ist der Weg frei für den Bau einer neuen Radtrasse von Bergerhausen nach Rüttenscheid.
Jörg Brinkmann, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), mag es erst gar nicht glauben, als er davon erfährt. Setzten sich Essens Fahrradverbände doch schon seit den späten 90er-Jahren für den Bau eines Radweges auf der stillgelegten Gleistrasse ein, ohne dass es so recht vorwärts ging. „Wir hatten nicht den Eindruck, dass die Verwaltung der Trasse hohe Priorität eingeräumt hat“, gibt Brinkmann seinen Eindruck von ungezählten Sitzungen des Arbeitskreises Radverkehr wieder. Nun soll es nach jahrzehntelangem Stillstand endlich los gehen.
Geplant ist eine 1,3 Kilometer lange Radtrasse von der Sabinastraße bis zur Veronikastraße. „Die Trasse ist Gold wert“, sagt ADFC-Sprecher Brinkmann. Denn vorhandene Radwege entlang von Eleonorastraße und Müller-Breslau-Straße seien veraltet und in keinem guten Zustand. Ein Radweg auf dem Rommenhöller Gleis hingegen würde es Fahrradfahrern ermöglichen, auf bequemen Wegen nach Rüttenscheid hineinzufahren, ohne Straßen kreuzen zu müssen.
Auch die Stahlbrücke an der Wittenbergstraße geht in den Besitz der Stadt Essen über
Die Stadt Essen wird dafür von der Deutschen Bahn drei zwischen der Henri-Dunant-Straße und der Müller-Breslau-Straße gelegene Flurstücke erwerben – insgesamt 1,4 Hektar. Kosten: insgesamt rund 150.000 Euro. Auch die ehemalige Eisenbahnbrücke über die Wittenbergstraße geht in den Besitz der Stadt über. Rund 135.000 Euro sind nach Angaben der Stadt erforderlich, um das Brückenbauwerk langfristig zu sichern. Die Kosten teilen sich Stadt und Deutsche Bahn. Deren Anteil wird vom Kaufpreis abgezogen.
Der Ankauf ist erforderlich, will die Stadt doch für den Bau der Radtrasse Fördergelder des Landes in Anspruch nehmen. Einen Antrag über 750.000 Euro hatte Grün und Gruga bereits 2015 gestellt. Wegen der Eigentumsverhältnisse konnte die Bezirksregierung den Antrag aber nicht positiv bescheiden. 2016 hatte die Bahn das Gleisstück bereits entwidmet.
Die Bauarbeiten sollen voraussichtlich Ende kommenden Jahres beginnen. Die Stadt rechnet mit 18 Monaten Bauzeit. Ein ehemaliger Luftschutzstollen muss verfüllt werden. Die Kleingärtner und ihre Schollen entlang der Trasse können bleiben.
Die Neubaugebiete „Parc Dunant“ und „Belle Rü“ werden ans Radwegenetz angebunden
Dass alles so kommt nach so vielen Jahren, dafür gibt es Gründe. In Rüttenscheid entstehen hunderte neue Wohnungen. Die Neubaugebiete „Belle Rü“ an der Veronikastraße und mehr noch der„Parc Dunant“ auf dem Gelände der ehemaligen Pädagogischen Hochschule an der Henri-Dunant-Straße mit allein 400 Wohnungen werden besser an das bestehende Radwegenetz angeschlossen, allen voran an die Grugatrasse. Die Immobilienabteilung eines Geldinstituts, welches die neuen Wohnungen vermarktet, soll in einem Verkaufsprospekt bereits mit der neue Radtrasse geworben haben.
Zudem hat sich die politische Großwetterlage verändert. „Mit der Förderung des Radverkehrs und der Verringerung des Autoverkehrs treiben wir die Verkehrswende weiter voran“, heißt es in einer Stellungnahme der CDU zum bevorstehenden Grundstückskauf.
Der Rüttenscheider Ratsherr Rolf Fliß (Grüne), von Beginn an ein entschiedener Befürworter der Rommenhöller Radweges, gibt zu bedenken, dass der Umbau der alten Gleistrasse nur ein erster Schritt sein könne. „Wir brauchen einen zweiten Bauabschnitt“, sagt Fliß und meint eine Streckenführung über den Parkplatz an der Veronikastraße. Auch die Schulen nördlich der Trasse müssten angebunden werden. Es muss ja nicht 30 Jahre dauern.