Essen-Rüttenscheid. . Weit über 100 Besucher kamen zur Klamottentauschparty bei von Grünstadt ins Südviertel. Sie alle wollen weg vom schnellen Konsum.
40 Euro. So viel Geld hat Helena Mohr im vergangenen Jahr für Klamotten ausgegeben. „Für einige Paar Socken und ein Oberteil, das ich ehrlich gesagt noch nie getragen habe“, sagt die Einzelhändlerin, die im vergangenen Jahr mit ihren Nachhaltigkeitsladen „von Grünstadt“ am Isenbergplatz an den Start ging und dort Waren anbietet, die das Leben grüner machen.
Zum dritten Mal hat sie ihr Geschäft am Sonntag für eine Klamottentausch-Party geöffnet. Das Prinzip ist einfach: Bring drei bis fünf Teile mit und nimm dir dafür, was dir gefällt. Was am Ende übrig bleibt, wird gespendet. Ungeachtet der frühlingshaften Temperaturen drängen sich im Laufes des Nachmittags weit über 100 Besucher in den kleinen Laden.
Radfahren, Lebensmittel retten, Klamotten tauschen
Darunter Lena, die nach erfolgreichem Tausch zufrieden in die Sonne blinzelt. Ein rot-blau gestreiftes Wollkleid gehört ab sofort zu ihrer Garderobe. Für eine Freundin hat sie außerdem niedliche Baby-Klamotten getauscht. „Die wachsen ja so schnell aus allem raus“, sagt die 30-Jährige aus Frohnhausen, der das Thema Nachhaltigkeit am Herzen liegt: Sie fährt Fahrrad, füllt ihren Kleiderschrank nur noch mit gebrauchten Teilen von Tauschpartys und engagiert sich als „Lebensmittel-Retterin“ bei Foodsharing.
Als solche befüllt sie die so genannten Fair-Teiler-Stellen mit allem Genießbarem, was beteiligte Supermärkte und Bäckereien sonst weggeworfen hätten. Auch bei von Grünstadt ist der Fairteiler am Sonntag gut gefüllt mit leckeren Backwaren und Gemüse, das noch völlig einwandfrei ist.
Einkommen spielt weniger eine Rolle als die Haltung
„In unserer Gesellschaft ist mehr als genug von allem da. Die Menschen, die hierher kommen, wollen einen kleinen Beitrag leisten, um die Welt ein bisschen besser zu machen“, sagt Helena Mohr. Zwar besetze sie mit ihrem Geschäft noch immer eine Nische und sei es ein weiter Weg, bis die Wegwerf-Kultur ein Ende habe: „Aber es werden immer mehr Menschen, die sich auf den Weg machen“, hat Helena Mohr beobachtet. Dabei spiele das Einkommen oft weniger eine Rolle als die Haltung. „Zu uns kommen Menschen aus allen Gesellschafts- und Altersschichten“, sagt sie.
Das Tauschen und Teilen Geld spart, ist aber natürlich ein angenehmer Nebeneffekt, findet auch Lena: „Da ich kein Geld mehr für Klamotten ausgebe, kann ich es mir leisten, im Biomarkt einzukaufen“, sagt sie.
Die meisten Kleider, Jacken, Röcke und auch Schuhe, die am Sonntag bei von Grünstadt getauscht werden, sind in einwandfreiem Zustand. Sogar Markensachen finden sich darunter. „Beim letzten Mal hat jemand ungetragene Doc Martens abgegeben, die waren natürlich schnell weg“, erzählt Anka, die sich gerade ein dunkles Tuch um die Hüften gebunden hat, das sie auf einem der Tische fand: „Ich kaufe mir fast nichts mehr zum Anziehen und das funktioniert überraschend gut“, sagt die 29-jährige Sozialarbeiterin.
Wo man in Essen Klamotten tauschen kann
In Essen gibt es mittlerweile an mehreren Standorten regelmäßig Klamottentauschpartys. Bei von Grünstadt im Südviertel, Rellinghauser Straße 110, bei Glücklich Unverpackt in Rüttenscheid, Rosastraße 38 sowie im Anyway in Frohnhausen, Berliner Straße 82.
Greenpeace Essen veranstaltet ebenfalls regelmäßig Klamottentauschpartys, in Kooperation mit dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) etwa in der Stadtmitte im Gemeindesaal von St. Gertrud sowie in der Zeche Carl in Altenessen, Wilhelm-Nieswandt-Allee 100.