Essen. . Auf dem Rehmannshof in Kupferdreh kümmern sich acht ehemals Wohnungslose um Tiere und die Felder und werden selbst vom Sozialarbeiter betreut.

Die bäuerliche Idylle auf dem Rehmannshof an der Hammer Straße könnte nicht schöner sein: Vier Dutzend Gänse laufen auf der Wiese, nebenan stehen die drei Shetlandponys Susi, Strolch und Schecki auf der Weide und schauen dem Treiben interessiert zu. Dann gibt es noch Kamerunschafe, Schweine, Hühner und Kaninchen. Doch versorgt wird die tierische Schar nicht vom Landwirt, sondern von acht ehemals Obdachlosen, die auf dem Hof ein Zuhause gefunden haben.

Dietmar Malesa und Heinz Kannewurf (v.l.) pflegen die Blumen auf dem Rehmannshof. Alle Produkte des Hofes landen in den Einrichtungen der GSE.
Dietmar Malesa und Heinz Kannewurf (v.l.) pflegen die Blumen auf dem Rehmannshof. Alle Produkte des Hofes landen in den Einrichtungen der GSE. © Stefan Arend/FUNKE Foto Services

Einer von ihnen ist Stefan Hefele-Kulcar. Ein ruhiger, schmächtiger Mann, gezeichnet von der jahrzehntelangen Suchtkrankheit, die ihn aus dem Gleichgewicht und aus der Gesellschaft gekippt hat. Als der 54-Jährige vor elf Jahren auf den Hof kam, „hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, eine Heimat zu haben“. Die Abgeschiedenheit der Außenwohngruppe des Stoppenberger Wohnheimes Esternhovede, das von der Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen Essen (GSE) betrieben wird, stört ihn nicht: „Ich mag die Natur und die Tiere, habe gern meine Ruhe.“ Hier verrichtet er alle anfallenden Arbeiten, die er gesundheitlich schafft.

Plätze auf dem Bauernhof sind begehrt

„Eigentlich heißt unser Schwerpunkt Resozialisierung. Aber machen wir uns nichts vor: Die Menschen, die bei uns leben, bleiben dauerhaft“, sagt Andreas Wartmann. Der Sozialarbeiter leitet seit 1998 die Außenwohngruppe, die wie eine große Wohngemeinschaft zusammenlebt: Sechs Einzelzimmer und ein Doppelzimmer, dazu ein Gemeinschaftsraum stehen den Männern zur Verfügung. Die Plätze in dieser besonderen Wohnform sind begehrt, „wir haben laufend Anfragen“. Die beziehen sich nicht nur auf das Wohnheim: Zusätzlich bietet die GSE noch sechs Plätze im Rahmen der Joborientierung an.

Auch Gänse leben auf dem Rehmannshof.
Auch Gänse leben auf dem Rehmannshof. © Stefan Arend/FUNKE Foto Services

Die Tätigkeiten, die den Alltag ausfüllen und den Männern eine feste Tagesstruktur geben, sind vielfältig: Die Tiere müssen gefüttert und gepflegt, die Ställe sauber gehalten werden. Dazu kommt noch etwas Landwirtschaft: Obst, Gemüse, Kräuter und Blumen wachsen auf den Feldern. Alle Erzeugnisse landen in den Großküchen der GSE.

Heinz Kannewurf ist gerade im Treibhaus bei den Tomaten. Dem 65-Jährigen fällt das Arbeiten nicht schwer, er ist gelernter Landwirt. Arbeitslosigkeit, Schulden und Alkoholsucht haben ihn in die Obdachlosigkeit getrieben. Ein Kreislauf, „aus dem ich mit eigener Kraft nicht mehr herauskam“. Erst mit dem Einzug auf den Rehmannshof vor zwei Jahren hat sich seine persönliche Situation stabilisiert.

"Keine trockene Einrichtung"

Landwirt, Kummerkasten und Streitschlichter: Sozialarbeiter Andreas Wartmann ist Ansprechpartner für alle und leitet die Außenwohngruppe seit 1998.
Landwirt, Kummerkasten und Streitschlichter: Sozialarbeiter Andreas Wartmann ist Ansprechpartner für alle und leitet die Außenwohngruppe seit 1998. © Stefan Arend/FUNKE Foto Services

„Entgegen mancher Vorstellung sind wir keine trockene Einrichtung“, erklärt Andreas Wartmann, „aber durch die Kontinuität und die Wertschätzung, die die Männer erfahren, hält sich der Alkoholkonsum in tolerierbaren Grenzen.“

In diesem Jahr will der Rehmannshof sein Konzept erweitern und ein Freizeitangebot für Altenheimbewohner der GSE schaffen: Demnächst können Besucher bei Kaffee und Kuchen das Landleben erkunden und den Kontakt zu Tieren knüpfen. „Unsere Senioren fahren regelmäßig zu einer Ziegenfarm und kehren immer glücklich zurück. Da haben wir uns überlegt, dass wir diese Ausflüge doch auch auf den eigenen Hof machen können“, sagt GSE-Sprecherin Angela Köhler. Dass es dann mit der Idylle auf dem Bauernhof vorbei sein könnte, befürchtet Wartmann nicht: „Ab und an ein bisschen mehr Leben bei uns kann nicht schaden.“