Essen.. Die sanierungsbedürftige Obdachlosensiedlung in Überruhr ist die Letzte ihrer Art in Essen. Nun wird sie abgerissen – und durch Neubauten ersetzt.

Das ist mal eine Grundsteinlegung mit Seltenheitswert: Eine Delegation um Oberbürgermeister Reinhard Paß kam dieser Tage an die Liebrechtstraße in Essen-Überruhr, weil dort für acht Millionen Euro eine Notunterkunft für Obdachlose neu gebaut wird. So etwas sei bundesweit höchst selten, sagte der Architekt.

Tatsächlich haben sich Politik und Verwaltung die Entscheidung nicht leicht gemacht. Mehr als zehn Jahre ist es her, dass erstmals hoher Sanierungsbedarf in der Obdachlosensiedlung an der Liebrechtstraße festgestellt wurde. In der Folgezeit schloss die Stadt ähnliche Siedlungen in Freisenbruch und Altenessen: Wer seine Wohnung durch eine Zwangsräumung oder einen Brand verlor, sollte rasch in eine neue vermittelt werden. Es ging ja um Menschen in besonderen Notlagen, nicht um Wohnungslose, die schon lange auf der Straße leben.

Das erste Haus ist bereits abgerissen

Bis heute gilt die Maxime, dass sich Betroffene gar nicht erst in Notunterkünften einrichten sollen. Das Amt für Soziales und Wohnen setzt darum alles daran, eine drohende Obdachlosigkeit von vornherein abzuwenden. „Bevor es zur Räumung kommt, übernehmen wir Mietrückstände“, sagt Amtsleiter Hartmut Peltz. Mit Erfolg: Während 1970 noch 6340 Essener in Obdachsiedlungen lebten, sind es heute 82 in der Letzten an der Liebrechtstraße.

Dass man sich nicht auch von ihr verabschiedete, liegt daran, dass es wohl immer einige wenige Menschen geben wird, die in Notunterkünften aufgefangen werden müssen. „Sie kommen aus persönlichen Gründen oder sozialen Problemlagen nicht allein zurecht“, sagt Peltz. Und weil die Verhinderung von Obdachlosigkeit eine kommunale Pflichtaufgabe ist, beschloss der Rat im Jahr 2008, die Liebrechtstraße zu sanieren. Die Kosten wurden erst auf 4,5 Millionen Euro, dann auf 5,5 Millionen beziffert. Am Ende entschied man sich für den langfristig günstigeren Neubau, der moderne energetische Standards erfüllt.

Auch dank dieser Betreuung habe man die Verweildauer im Schnitt auf ein Jahr gesenkt, sagt Peltz. Sie solle noch kürzer werden. In der Vergangenheit war die Notunterkunft für manchen zum Zuhause geworden – obwohl es keine Heizung gab und der Putz bröckelte.