Essen-Kray. . Der Sprecher der Krayer Bürgerinitiative moniert die Informationspolitik der Stadt zur „Nichtverzehrempfehlung“ von Gemüse wegen zu hoher PCB-Werte.
Als einen „Skandal“ bezeichnete Dietrich Keil, der Sprecher der Bürgerinitiative gegen „Gift“-Schredder in Essen-Kray unlängst die Informationspolitik der Stadt zur „Nichtverzehrsempfehlung“ wegen zu hoher PCB-Belastung. Das belastete Quartier war, wie berichtet, um 750 auf 1750 Haushalte erweitert worden. Betroffen ist das Umfeld der für die erhöhten Messwerte verantwortliche Recyclingfirma Richter. „Die Stadt hat es jedoch versäumt, die Betroffenen direkt über diese Gesundheitsgefährdung zu unterrichten“, moniert Keil. Eine Kritik, die die Stadt nicht auf sich sitzen lassen will.
Auf Nachfrage erklärt Stadtsprecherin Jeanette von Lanken: „Da es sich nur um eine Empfehlung und nicht um ein Verbot handelt, besteht keine Verpflichtung zur Information über ein direktes Anschreiben.“ Da der Bereich der Nichtverzehrempfehlung „vorsorglich“ erweitert wurde, habe sich die Stadt dafür entschieden, die Informationen über „Kanäle mit dem größtmöglichen Multiplikatoreffekt“ zu verbreiten: zum einen über die stadteigenen Medien und auch über die Presse.
Nur Empfehlung statt Verbot
„Zudem haben die Bezirksregierung als zuständige Aufsichtsbehörde für die Firma Richter sowie das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), das Gesundheitsamt und auch das Umweltamt in einer Bürgerversammlung im April dieses Jahres über die PCB-Belastung in Kray aufgeklärt“, so die Stadtsprecherin.
Dietrich Keil genügt dies allerdings nicht: „Ob es nun rechtlich vorgeschrieben ist oder nicht, interessiert mich hier nur am Rande. Ich halte es für eine Fürsorgepflicht der Stadt, jeden Betroffenen zu informieren.“ Dies sei im vergangenen Jahr auch durch eine Wurfpostsendung geschehen, „und wir waren damals die letzten, die sich darüber beschwert hätten.“
Überhaupt sei das Berufen auf eine Empfehlung kein tragfähiges Argument: „Ein Verzehrverbot wurde schon allein deshalb nicht ausgesprochen, weil man sonst Ansatzfläche zur Klage geben würde. Eine Empfehlung ist da hingegen unproblematisch“, erklärt Keil.
Mit der Post im vergangenen Jahr war übrigens eine Einladung zur besagten Infoveranstaltung verbunden. Dietrich Keil erinnert sich nur zu gut daran, „weil wir bereits eine Woche zuvor selbst eine solches Treffen anberaumt hatten.“ Doch von Seiten der Stadt und der Ämter sei niemand der Einladung gefolgt, man habe praktisch überhaupt nicht darauf reagiert. „Schon deshalb haben wir die von der Stadt initiierte Versammlung eine Woche später eher als Gegenveranstaltung empfunden.“ Dies habe die Bürgerinitiative damals mit einer kleinen Demonstration vor Ort auch zum Ausdruck gebracht.
Seit Jahren in der Kritik
Der Stadtteil Kray steht seit Jahren wegen der Luftbelastung durch PCB, also polychlorierte Biphenyle, im Fokus der Umweltverwaltung NRW, des LANUV und des Umweltamtes der Stadt Essen. Die Bezirksregierung Düsseldorf als zuständige Überwachungsbehörde hat die Firma Richter an der Joachimstraße als Hauptverursacher mit unterschiedlichen Minderungsmaßnahmen belegt, um die Emissionen so weit wie möglich zu senken. Beispielsweise eine Beregnungsanlage, um die Feinstäube zu reduzieren. Dagegen hat das Unternehmen jedoch geklagt.
Um die Höhe der Schadstoffbelastung zu ermitteln, wurden Bioindikatoren, in diesen Fall Grünkohl, eingesetzt und seit dem Jahr 1996 zahlreiche Gemüseproben untersucht. Gerade dieses Gemüse eignet sich wegen seiner großen Blätter und seiner langen Standzeit für diese Zwecke. Ende April 2016 lagen die ermittelten Werte erneut um ein Vielfaches höher als die übliche Hintergrundbelastung im Ruhrgebiet. Im Vergleich zu früheren Messungen hätten sich die Werte an einzelnen Messpunkten, so im Wohngebiet Fichtelstraße, aber auch leicht gebessert.
Im Herbst 2016 will das LANUV eine Ausbreitungsrechnung erstellen, um die PCB-Hauptquelle auf dem Gelände der Firma Richter exakter bestimmen zu können. Weitere Auflagen könnten folgen.