Essen. Diplom-Ingenieurin Katrin Vogel hat nach dem Studium auf Tierphysiotherapie umgesattelt, behandelt humpelnde Hunde und Pferde mit verspanntem Rücken.
Hätte sich Katrin Vogel nach ihrem Studium um einen Job in ihrem Fach beworben, würde sich die Maschinenbau-Ingenieurin beruflich mit Energie- und Kraftwerkstechnik auseinandersetzen. Stattdessen kümmert sie sich um humpelnde Hunde und Pferde mit verspanntem Rücken. Denn die 46-Jährige hat umgesattelt und eine Ausbildung zur Tierheilpraktikerin und -physiotherapeutin gemacht. Vor zehn Jahren eröffnete sie ihre Praxis, behandelt dort die tierischen Patienten oder fährt zu Reitställen.
Zu den Patienten gehört der große Rappe Schumaker, bei dem sie zunächst vorsichtig Wirbel für Wirbel abtastet. „Es sieht manchmal aus wie Hand auflegen“, sagt sie. Tatsächlich aber massiert und rüttelt sie leicht, um in kleinen Bewegungen die Blockaden des Pferdes zu lösen, beschreibt die Therapeutin, wohlwissend, dass viele diese Tier-Physio durchaus belächeln. Zudem sei der Beruf nicht staatlich anerkannt. Daher sei es ihr wichtig gewesen, die Prüfung vor dem Verband abzulegen, statt einen schulinternen Abschluss zu machen.
Akupunktur, Gebisskunde, Diabetes-Management
Mit der Naturheilkunde befasste Katrin Vogel sich erstmals, als ihr eigenes Pferd Probleme beim Laufen hatte und als austherapiert galt. Ihre Besitzerin, die seit dem neunten Lebensjahr reitet, gab sich nicht zufrieden und forschte nach alternativen Heilmethoden. Aus diesem laienhaften Interesse wuchs der neue Berufswunsch. Diesen übte sie erst mit einer Fahr-Praxis aus, bevor das leer stehende Ladenlokal in Heisingen, wo sie auch lebt, sie animierte. Daher radelt sie meist zur Arbeit, an ihrer Seite Hündin Leni (9). Beruflich ist sie vor einem Jahr auf die andere Seite der Bahnhofstraße gezogen, bietet auch Hundefutter an. Zudem bilde sie sich stets weiter: Akupunktur, Gebisskunde, Diabetes-Management, Blutegel- und Dorn-Therapie sind einige der Lehrgänge, die sie absolviert hat.
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Die Dorn-Therapie habe zum Beispiel bei Wolfsspitz Kito angeschlagen, sagt die 46-Jährige. Als der Rüde vor drei Jahren erstmals mit Frauchen Birgit Löbbert kam, „humpelte er fürchterlich und bekam starke Schmerzmittel“, beschreibt die Besitzerin, die sich mit einer dauerhaften Gabe der Medikamente nicht abfinden wollte.
Reich werde sie sicherlich nicht, aber zufrieden
Wie Katrin Vogel zunächst im Gespräche erfuhr, war Kito einen Abhang heruntergestürzt. „Dabei muss er sich Unmengen Blockaden an der Brustwirbelsäule zugezogen haben“, lautete die Diagnose der Therapeutin. Um diese Blockaden zu lösen, ruckelte sie an den Dornfortsätzen, „um die Wirbel wieder in Reihe zu rücken.“ Nach einigen Besuchen lahmte der Rüde nicht mehr: „Er ist seitdem beschwerdefrei“, sagt Birgit Löbbert erleichtert, die noch ab und zu zur Prophylaxe mit Kito vorbeischaut.
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„Wer gute Erfahrungen gemacht hat, kommt wieder“, sagt Katrin Vogel über die Halter ihrer Patienten. Gleichwohl lehne sie mitnichten die Schulmedizin ab, maße sich nicht an, Fälle wie schwere Nieren- oder Magen-Darm-Erkrankungen mit Homöopathie zu behandeln. Sie kann auch nicht impfen und hat kein Röntgengerät. Aber es gebe sehr wohl Krankheitsbilder, in denen Naturheilkunde auch bei Tieren helfen oder begleitend eingesetzt werden könne. Mehr Zusammenarbeit mit den Tierärzten wäre daher schön, sagt sie.
Mit Blick auf ihre Praxis, gesteht Katrin Vogel: „Ich hatte durchaus mit schnellem Erfolg gerechnet.“ Kollegen hätten ihr von etwa fünf Jahren berichtet, bis es läuft. Tatsächlich arbeitet Katrin Vogel auch nach zehn Jahren bis zu zwölf Stunden täglich, oft an sieben Tagen in der Woche, da am Wochenende die Büroarbeit ansteht. „Es gehört schon eine Portion Idealismus dazu.“ Der letzte Urlaub ist nun zehn Jahre her. Und reich werde sie sicherlich nicht, aber zufrieden, sagt sie lächelnd: „Weil ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe.“