Essen-Freisenbruch. . Anwohner in Steele-Ost/Freisenbruch klagen über Lärm auf der S-Bahnstrecke vor ihrer Haustür. Ihre Sorge: Wenn der Rhein-Ruhr-Express fährt, wird’s noch lauter.
Das ehrgeizige Projekt „Rhein-Ruhr-Express“ stößt in Essen auf vergleichsweise geringen Widerstand. Das zeigte der Erörterungstermin in Steele vor zwei Wochen, an dem neben den so genannten Trägern öffentlicher Belange auch einzelne Einwender teilnahmen. Letztere sind hauptsächlich auf dem Kanarienberg in Steele-Ost/Freisenbruch zuhause. Und sie sind ziemlich sauer. „Gar nichts ist gut“, empört sich Daniel von der Heyde, „denn es wird laut.“
Auch sein Nachbar Georg Gödecke hat Angst davor, dass die Lärmbelästigung schlimmer werden wird. Schon jetzt sei der Lärm, der von den Bahngleisen unten zu ihnen hinaufsteige, eine Zumutung. „Wenn wir draußen auf der Terrasse sitzen, verstehen wir unser eigenes Wort nicht mehr“, klagt der Ingenieur. Und nachts bei offenem Fenster schlafen – auch das sei schier unmöglich, wenn neben den S-Bahnen mal wieder ein unplanmäßiger Güterzug vorbeifahre.
„Uns hat man hier vergessen“
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Es sind nicht die RRX-Züge selbst, die den etwa 200 Menschen Angst machen, sondern jene Züge, die deshalb in zwei Jahren von der Haupttrasse Essen – Bochum auf das S-Bahn-Gleis (S1 und S3) vor ihrer Haustür verlegt werden müssen und die Zugfrequenz spürbar erhöhen: die RE16 und die RB42.
Um sich im Kampf gegen die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf und die Deutsche Bahn besser zu wappnen, haben sich die Siedler zusammengetan, Dutzende Unterschriften gesammelt und Einwendungen gemacht. Sie betonen, dass sie dem RRX-Projekt aufgeschlossen gegenüberstünden. „Natürlich möchte auch ich von guten Bahnverbindungen profitieren, deshalb sind wir ja hierhin gezogen“, sagt von der Heyde. Auch Roland Garbe, ein anderer Einwender, sagt: „Ich bin ein Befürworter des ÖPNV-Ausbaus, aber dazu gehört auch der Lärmschutz.“
Lärmschutzwand soll errichtet werden
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Konkret dringen die „Kanarienberger“ auf die Errichtung einer Lärmschutzwand – am Fuße ihrer Siedlung auf einer Länge von etwa zwei Kilometern. Wohlwissend übrigens, dass die Bahn am längeren Hebel sitzt. Denn aus dem Wirrwarr von Lärmkarten und Schallschutzgutachten, „Schienenbonus“ und Grenzwerten, Richtlinien und Stichtagsregeln schält sich heraus, dass die Anwohner keinen gesetzlichen Anspruch auf die Schutzwand haben. „Leider werden Lärmkurven angeblich gemittelt, so dass sich ein Mittelwert ergibt, der die Grenzwerte nicht ausreichend überschreitet“, sagt von der Heyde. Man fühle sich „abgebügelt und mit Paragrafen ausgebremst“. Unverständlich und ungerecht finden die Siedler, dass an anderen Bahnabschnitten in Essen Lärmschutzwände errichtet würden, obwohl diese Strecken weniger befahren seien.
Rolf Sommerfeld (75) wohnt seit bald 50 Jahren auf dem Kanarienberg. Sein Reihenhaus sei den Schienen am nächsten, sagt er. „Aber früher haben wir die Bahn fast gar nicht wahrgenommen.“ Hinzu komme der wunderbare Blick übers Ruhrtal hinweg ins Grüne. Heute habe er die Gewissheit, dass seine Immobilie allein wegen des Lärm etwa 200 000 Euro weniger wert sei. „Wenn ich das alles geahnt hätte, hätte ich rechtzeitig gesagt: verkaufen und wegziehen!" Für Daniel von der Heyde steht fest: „Uns hat man hier vergessen.“
Am S-Bahnhof Steele-Ost wird die Bahn ein neues Tunnelbauwerk errichten. Dadurch können die Züge von S1 und S3 kreuzen, ohne sich gegenseitig zu behindern. Neben den Zügen seien die Weichen im Bereich Steele-Ost eine Lärmquelle, so die Siedler.