Essen-Katernberg. Der Förderverein verhinderte zwei Mal die Schließung der Stadtbibliothek. Prominentestes Mitglied ist SPD-Urgestein Franz Müntefering.

Schon zwei Mal stand die Stadtteilbücherei Katernberg in der jüngsten Vergangenheit auf der Kippe – und jedes Mal konnte die für den Stadtteil wichtige Bildungseinrichtung auch mit Hilfe des 1997 gegründeten Freundeskreises gerettet werden. Zu dessen 30 Mitgliedern zählt auch ein Prominenter: Franz Müntefering ist seit 2000 ein Freund von Essens drittältester Bibliothek. Nun kommt der SPD-Politiker erstmalig auf Einladung des Kreises nach Katernberg, um aus seinem neuen Buch zu lesen.

„Ich bin Franz Müntefering beim Landeswahlkampf 2000 begegnet und habe ihn von unserem Freundeskreis erzählt“, erzählt Sigrid Schönberger vom Vorstand, „und dann habe ich ihn direkt angeworben.“ Allerdings hat es dann noch einmal 20 Jahre gedauert, bis das SPD-Urgestein persönlich vorbeischaut und die Stadtbücherei unterstützt. Denn die Einnahmen für seine Lesung gehen allesamt an die Bibliothek.

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Die ist direkt am Katernberger Markt in einem der schönsten Gebäude des Stadtteils untergebracht: 1890 erbaut, war hier einst das Katernberger Standesamt. Danach kam erst die Polizei und, seit 1959, die Stadtteilbibliothek. Sie ist mit 143 Quadratmetern auch eine der kleinsten Bibliotheken in Essen. Und eine der gemütlichsten: Schönes Parkett, eine wohnzimmerähnliche Atmosphäre und Bibliothekarinnen, die seit vielen Jahren hier arbeiten und ihre Katernberger Leser seit langen kennen, machen die Bücherei zu einem feinen Treffpunkt im Stadtteil.

Gabriele Stelzer sitzt genau dort, wo sie bereits als Sechsjährige stundenlang geschmökert hat. Für sie bedeutete die Stadtteilbibliothek Katernberg das Glück auf Erden.
Gabriele Stelzer sitzt genau dort, wo sie bereits als Sechsjährige stundenlang geschmökert hat. Für sie bedeutete die Stadtteilbibliothek Katernberg das Glück auf Erden. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

So empfindet das auch Gabriele Stelzer: „Seit ich lesen konnte, bin ich in die Bücherei gegangen. Ich habe hier quasi meine ganze Kindheit verbracht. Da oben habe ich stundenlang zwischen den Regalen gesessen und geschmökert“, sagt die 66-Jährige und zeigt auf die Empore.

Für wissbegierige Kinder ein Paradies

Das war Anfang der sechziger Jahre – damals waren Stadtbibliotheken für wissbegierige Kinder das Paradies. „Ich habe mich hier regelrecht durchgelesen, von A bis Z.“ Darunter, so sagt sie, seien auch Bücher für Erwachsene gewesen; aber als Leseratte hat man ihr das durchgehen lassen.

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Leseratten gibt es immer noch, aber sie sind rarer geworden. Das sieht man auch am Angebot: Hörbücher sind im Trend, es gibt viele Gesellschaftsspiele und auch Filme. „Circa 9000 Bücher, CDs und DVDs kann man bei uns ausleihen“, sagt Bibliothekarin Anja Wiesemann, die seit 17 Jahren hier arbeitet.

Schon Oliver Scheytt hat für die Bücherei in die Tasten gegriffen

Damit das auch weiter so bleibt, dafür setzt sich der Freundeskreis seit 23 Jahren ein. Und unterstützt die Stadtbibliothek mit vielen Veranstaltungen wie Konzerten und Lesungen; allein im vergangenen Jahr waren es über 20 mit mehr als 300 Besuchern. Auch Promis sind immer dabei: „Schnell ausverkauft sind immer unsere jährlichen Veranstaltungen mit dem beliebten Essener Schauspieler Thomas Glup“, nennt Sigrid Schönberger ein Beispiel. Und auch Essens ehemaliger Kulturdezernent Oliver Scheytt hat hier schon in die Tasten gegriffen und eine Lesung musikalisch begleitet.

Aber der Freundeskreis macht noch mehr: Mit seinen regelmäßigen Leseförderungen für Grundschüler sorgt er dafür, dass Leseratten in Katernberg nicht aussterben.