Essen. . Vier Ruhrgebiets-Autoren lesen am Donnerstag zum bundesweiten Krimi-Tag in der Essener VHS. Ihre Tatorte sind unter anderem Evag-Busse und Pommesbuden. Ihre Anregungen holen sie sich auf der Straße. Warum das Revier als Krimi-Schauplatz so geeignet ist, erklärt das Autorenduo Karr & Wehner.

Diese Leidenschaft zu einer amerikanischen Kaffeekette, sie hatte auch den Schriftsteller H.P. Karr, der bürgerlich Reinhard Jahn heißt, für kurze Zeit in ihren Klauen. Und während er mit einem trendigen Chai Latte in der Hand – selbst Krimi-Autoren trinken keinen schnöden Filter-Kaffee mehr – das Treiben in der Essener Innenstadt beobachtet, fällt ihm der Geldtransporter der Nationalbank auf. Jeden Tag zur gleichen Uhrzeit. Karr beginnt, die Mitarbeiter in dem gepanzerten Wagen zu zählen, Pläne zu schmieden.

Seine kriminelle Energie entlädt sich aber nur auf dem Papier. Genauso wie die seines Autorenpartners Walter Wehner, der vielen auch als Abteilungsleiter bei der Essener VHS bekannt ist. 120 Werke haben die beiden seit 1986 gemeinsam veröffentlicht und sind zweifelsohne Mitbegründer des Revierkrimis. Ihre Tatorte sind der mittlerweile geschlossene Tura-Grill in Altendorf, die „Südplatte“ oder der Stadthafen. „Die Mischung zwischen Schrebergarten und Villa Hügel, der Strukturwandel, die verschiedenen Kulturen machen Essen und das Ruhrgebiet generell als Krimi-Schauplatz so spannend“, sagt Walter Wehner. Das klingt natürlich zunächst arg nach Klischee. „Ein Klischee ist nur dann eines, wenn man es nicht ernst nimmt. Wir unterhalten uns mit der Oma, die auf ein Kissen gestützt aus dem Fenster schaut. Das sind die Anregungen für unsere Geschichten“, erklärt Karr.

Glauser-Preis für besten deutschsprachigen Krimi-Roman

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Der Erfolg gibt ihnen Recht: Für den besten deutschsprachigen Krimi-Roman erhielten sie 1996 den Glauser-Preis. In Gedenken an eben jenen Kriminalschriftsteller Friedrich Glauser wird am 8. Dezember in Deutschland, Österreich und der Schweiz der „Krimi-Tag“ ins Leben gerufen. In Essen kommen dazu die Autoren des Krimi-Stammtischs Ruhrgebiet in der VHS zusammen, die auch dem „Syndikat“ angehören, einer bundesweiten Vereinigung von Krimi-Autoren.

Gemeinsam mit Reinhard Jahn führt Mischa Bach durch den Abend, die neben eigenen Krimis auch Drehbücher für die ARD-Krimi-Reihe „Polizeiruf 110“ schreibt. Es lesen Gesine Schulz, die mit dem „Beuys von Borbeck“ Erfolge feierte, Arnd Federspiel und Frauke Burkhard. Ursula Sternberg präsentiert ihren Krimi „Nachtexpress“, der sich in den Evag-Bussen abspielt und sich um ein verschwundenes Mädchen dreht.

„Das Schöne an Kriminalromanen ist, im Fiktiven etwas Realistisches zu schreiben. Das Ruhrgebiet ist dafür die perfekte Plattform“, sagt Walter Wehner, dessen brutalster Mord übrigens mit einer Flex begangen wurde. Kollegin Mischa Bach setzt eher auf den psychologischen denn den blutigen Effekt: „Wenn in meinen Geschichten Figuren ermordet werden, zu denen man bereits eine Beziehung aufgebaut hat, finde ich das selbst beim Schreiben furchtbar“, sagt sie.