Essen. Seit 53 Jahren tobt der Anti-Held aus Osbornes „Blick zurück im Zorn” über die Bühnen und ist heutiger denn je. Warum er und das weitere Personal des Klassikers in diese Zeit passen, zeigt Heike M. Götze eindrucksvoll. Bei der Premiere in der Casa viel Beifall für Regisseurin und Ensemble.

Jimmy Porter steckt fest. Jeden Sonntag Tee trinken, Zeitung lesen, gelangweilte Menschen um ihn herum. Da packt ihn wie immer die Wut. Er tobt, er schreit seine Frau Alison an, schlägt sich mit seinem Freund Cliff, den er eigentlich schätzt. Er sehnt sich nach ein bisschen Begeisterung. Doch Alison will nur ihren Frieden, und Cliff will vermitteln, was wieder Jimmys Zorn schürt.

Aus diesem überbordenden Gefühl macht Körber-Preisträgerin Heike M. Götze eine extrem körperliche, kraftvolle Inszenierung. Die Bilder, die sie herstellt, sind so spannungsgeladen, dass allein das Zusehen Anstrengung spüren lässt. Aber jenseits von brillant gesetzten Hasstiraden, gehetzten Dialogen und mit Mikrofon verstärkten Statements eröffnet sie auch tiefe Einblicke in die Seelen der Figuren.

Intensives Spiel offenbart Hilflosigkeit

Weiße raumabteilende Gestänge und schwarze grobe Netze geben sie ständig frei. Die Bühne von Jens Burde erweist sich bei aller kühlen Konstruktion als ideal zum Abarbeiten oder Abhängen für die Figuren. Zudem gibt es wie bei den modernen Kostümen von Inge Gill Klossner eine Remininszens an die 50er Jahre. Eine gefüllte alte Badewanne schafft sinnliche Momente und Abkühlung für die Gemüter.

Allen voran beeindruckt Nicola Mastroberardino als wütender Jimmy Porter. Sein intensives Spiel offenbart Hilflosigkeit in einer für ihn ausweglosen Situation und zugleich schlägt es mit ungezügeltem Zorn gegen Meinungslosigkeit und Unentschiedenheit den Bezug zu unserer Gesellschaft. Nadja Robiné überzeugt als Alison mit einer erschreckende Lethargie, die ihre Liebe unendlich belastbar macht. Und Krunoslav Sebrek fängt als ständig ausgleichender Cliff so manche Attacke ab. Therese Dörr (als laszive Helena) und Christoph Finger (als ewiggestriger Colonel) runden das starke Ensemble ab.

Karten sind unter Tel.: 0201 / 81 22 200 erhältlich.