Essen. Hochkarätige Jury vergibt Kurt-Jooss-Preis 2019 an die Choreografin Chun Zhang. Publikum entscheidet sich für die Niederländerin Emma Eveleins.
Eine besondere Spannung lag in der Luft: Auf Pact Zollverein waren die drei Finalisten des Kurt Jooss Preises angetreten. Der Förderpreis für junge Choreografen wird alle drei Jahre für eine bemerkenswerte choreografische Nachwuchsposition ausgeschrieben. Ein Highlight in der Tanzstadt Essen, erinnert man doch damit auch an Kurt Jooss, den Schöpfer des legendären Antikriegs-Tanzdramas „Der Grüne Tisch“ und Mitbegründer des Folkwang Tanzstudios. Unter 81 Bewerbungen aus 28 Staaten hatte eine Fachjury drei Bewerber ausgewählt. Emma Evelein aus den Niederlanden, Chun Zhang aus China und Kai Strathmann aus Deutschland präsentieren ihre Werke vor großem Publikum. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung ging schließlich an Chun Zhang mit ihrer Choreografie „Being far away from“. Die Arbeit, die sie für das Folkwang Tanzstudio geschaffen hat, ist zugleich ihr Abschluss im Masterstudiengang „Tanzkomposition/Choreografie“ an der Folkwang Universität der Künste.
Chung Zhan trifft mit Choreographie den Kern unseres Lebens
Chun Zhang selbst bezeichnet ihr Werk als „Grammatische Komposition“, in dem minimalistische Sequenzen emotionalen gegenüberstehen. Da sieht man Gruppen von Männern und Frauen, die sich nach einem übergeordneten System bewegen, die rennen, die sich scheinbar zufällig treffen, die im Tempo die Bühne queren. Dem gegenüber dann ein Paar, das bewegungslos in der Mitte des Raumes verharrt. Vertrautheit wird spürbar, menschlich Bekanntes sichtbar. Vogelgezwitscher begleitet auf langen Passagen das Geschehen. Chung Zhan, die seit 15 Jahren choreografiert, hat mit ihrer Komposition den Kern unseres Lebens getroffen: Gesellschaftlichen Zwängen stellt sie die Zartheit und Zerbrechlichkeit des Individuums gegenüber.
Das Fühlen und Ertasten der Welt
Der Publikumspreis indes ging an Emma Eveleins und ihre Arbeit „Wolves“. Ihr Tanzstil überrascht mit überaus vitalen, obsessiven, schnellen und ungewöhnlichen Bewegungen. Das Thema ihrer Arbeit: Unsere inneren Wölfe fechten Kämpfe mit den äußeren aus. Arbeiten von Eveleins wurden auf Bühnen und in Museen gezeigt und bereits mehrfach ausgezeichnet.
Auch Kai Strathmanns Arbeit „Regnet es?“ konnte sehr beeindrucken. Mit Sensibilität verwies er in zeitlupenhaften Schrittfolgen, die gelegentlich von zögerlichem Rucken und Drehungen unterbrochen werden, auf die unterschiedlichen Bewegungsqualitäten hin, mit denen das Fühlen und Ertasten der Welt erfasst werden kann. Der ehemalige Gasttänzer des Wuppertaler Tanztheaters folgt damit spürbar den Fußstapfen von Pina Bausch. Jubel und viel Applaus gab’s für alle Beteiligten.