Essen-Werden. Es geht um Pflege auf dem Sportplatz Löwental, Zuständigkeiten und Geld: Der SC Werden-Heidhausen ärgert sich über die Sport- und Bäderbetriebe.
Im Werdener Löwental sind Sportler des SC Werden-Heidhausen verärgert über das Verhalten der Stadt und fühlen sich allein gelassen: Es geht um die Pflege auf dem Sportplatz, Zuständigkeiten – und natürlich um Geld. In ihrer Verzweiflung haben sie an den Oberbürgermeister geschrieben. Geantwortet hat Thomas Kufen noch nicht.
Der Vereinsvorsitzende Hans-Jürgen Koch fragt sich: „Warum tun wir uns das überhaupt noch an?“ Auch sein Geschäftsführer Jürgen Bäcker ist frustriert: „Man verliert die Lust am Ehrenamt.“
Seit 2010 hat der Sportverein die sogenannte „Eigenverantwortliche Nutzung“ (EVN) der Sportanlage inne mit ihren zwei Kunstrasenfeldern und umfangreichen leichtathletischen Anlagen. Nun denkt der Verein ernsthaft darüber nach, die Verantwortung an die Stadt zurück zu geben. Andere EVN-Nehmer seien ebenso ins Grübeln gekommen.
Mehrheit in der Bezirksvertretung IX lehnt Unterstützung ab
Alles begann eher harmlos. Auf der weitläufigen Anlage gibt es eine Problemecke im Leichtathletik-Bereich. An der Kurve zum Hochsprungsektor wachsen immer wieder Brombeeren und Riesenknöterich von der Straße her auf die Anlage. Schon vor der Übernahme der EVN war dies ein Problem. Inzwischen drücken sogar Bäume den Zaun nach innen. Ehrenamtlich geleistete Arbeitseinsätze des Clubs helfen da nur kurzfristig. Jürgen Bäcker stöhnt: „Man kann praktisch zusehen, wie es wieder wuchert.“
Also bat der Verein die Bezirksvertretung (BV) IX um 8000 Euro, damit eine Fachfirma die Situation grundlegend bereinigen könne. Bezirksbürgermeister Benjamin Brenk und die SPD-Fraktion stimmten zwar dafür, doch eine BV-Mehrheit dagegen: Da solle sich gefälligst die Stadt drum kümmern, so die Meinung.
Die Kostenschätzung beläuft sich auf 12.250 Euro
Daraufhin klopfte der SC Werden-Heidhausen bei den Sport- und Bäderbetrieben (SBE) an. Die nannten für Fräsen, Oberbodenaustausch, Mulchen und Raseneinsaat der etwa 1750 Quadratmeter großen Fläche eine Kostenschätzung von 12.250 Euro. Die Pflege der Außenanlagen sei aber bei den jährlichen EVN-Zuschüssen von 9000 Euro bereits berücksichtigt.
Clubchef Koch sagt, da stimme die Rechnung nicht: „Dafür muss man kein Rechenkünstler sein.“ Zugegeben, dem Verein bleibt der Verkauf von Getränken und Speisen, doch diese Einnahmen schrumpfen seit Jahren.
Der drittgrößte Essener Fußballclub
Der SC Werden-Heidhausen ist nach Mannschaftsmeldungen der drittgrößte Essener Fußballclub und auch über die Grenzen der Stadt hinaus erfolgreich. Die 1. Herren spielen bereits in der Bezirksliga, dorthin sind nun auch die Damen höchst souverän aufgestiegen.
Die B-Juniorinnen stiegen unlängst auf in eine Liga mit Teams aus Bottrop, Dinslaken, Duisburg und Moers. Nun treten die U17 Mädchen sogar an in der Qualifikation zur Niederrheinliga.
Auch die Veranstaltungen der Leichtathleten des Werdener Turnerbundes erfreuen sich inzwischen überregionaler Beliebtheit. Aus der hervorragenden Jugendarbeit entwickeln sich immer wieder Talente wie etwa Sprinterin Amelie Dierke, die 2018 Deutsche U20-Meisterin über 200 Meter wurde. Abgerundet wird das Ensemble von der immer beliebteren Anlage der WTB-Beachvolleyballer.
Seit Mitte Mai wartet der Verein auf eine Antwort des OB
Nachdem sie an zwei Stellen abgeblitzt waren, wandten sich die Löwentaler in einem Brief an Oberbürgermeister Thomas Kufen. Darin wurde Hans-Jürgen Koch deutlich. Aus „Enttäuschung über den arroganten Verweis auf die Zuschüsse“ habe er mal grob überschlagen: „Vergleichbare Anlagen werden von zwei Platzwarten in Vollzeit betreut. Unsere Anlage bräuchte mindestens 1,5 Planstellen. Also haben die Sport- und Bäderbetriebe in den letzten zehn Jahren hier fast eine Millionen Euro an Personalkosten eingespart.“
Auch forderte Koch, den Sportverein für die geleistete Arbeit in angemessener Höhe zu beteiligen: „Für das besonders pflegeintensive Jahr 2020 wären das einmalig 100.000 Euro und für die weiteren Jahre je 50.000 Euro.“ Er habe sich da auch an der Nachbarstadt Velbert orientiert.
Seit dem 13. Mai wartet Koch auf eine Antwort. „Natürlich hat Herr Kufen gerade in Coronazeiten ganz andere Dinge auf der Agenda. Aber durch reines Aussitzen lösen sich Probleme bestimmt nicht.“
Sportamt bemängelt den Pflegezustand und setzt knappes Ultimatum
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Auf Anfrage dieser Zeitung beteuerte man im Rathaus, der Oberbürgermeister habe dieses Schreiben nie erhalten. Warum auch immer. Nun aber kenne Thomas Kufen die Sachlage und wolle sich kümmern.
Stattdessen meldete sich nun das Sportamt, bemängelte den Pflegezustand und setzte ein knappes Ultimatum zur Beseitigung. Ansonsten werde SBE mit einer „Ersatzvornahme“ selbst tätig werden. Soll wohl heißen, dass dem Verein eine Rechnung ins Haus flattern wird.
Sportanlage im Löwental ist bis in die Abendstunden stark frequentiert
Im Club war man wie vor den Kopf geschlagen. In seiner Not rief der 133 Jahre alte Traditionsverein den Bezirksbürgermeister Benjamin Brenk zur Hilfe. Der zeigt sich irritiert: „Ich kann das geharnischte Schreiben der Sport- und Bäderbetriebe nur als Abmahnung verstehen, und das noch in einem persönlich angreifenden Ton. Das muss doch nicht sein.“
Er frage sich ohnehin, wie eine derart stark frequentierte Sportanlage mit den spärlichen Mitteln auskommen solle, die im Moment zu Verfügung gestellt würden: „Hier ist Betrieb von acht Uhr morgens bis abends 21 Uhr, mit rund 1000 Vereinssportlern und unzähligen Schülern der Gymnasien. Auch am Wochenende brummt es auf der Anlage. Das ist ja auch gut so. Diese Verdichtung durch die Schließung des Fußballplatzes am Volkswald war ja von der Stadt genau so gewünscht.“
„Viele sehen ihren Verein nur noch als Dienstleister“
Der Bezirksbürgermeister hat genau hingeschaut: „Der bemängelte Pflegerückstand ist Fakt. Der Verein ist doch selbst unglücklich darüber. Aber er schafft es einfach nicht ohne zusätzliche Hilfe.“ So hatte der SC um die Ausleihe einer sogenannten Wildkräuter-Bürste gebeten, sie aber nicht bekommen. Brenk schüttelt den Kopf: „Müssen die EVN-Vereine ernsthaft die benötigten Werkzeuge und Maschinen auf eigene Kosten kaufen oder leihen?“
Der Verein sei offenkundig überfordert: „Auch das ist eine negative Entwicklung unserer Gesellschaft. Viele sehen ihren Verein nur noch als Dienstleister. Keiner packt mehr mit an.“ Benjamin Brenk hakte bei der Verwaltung nach und brachte damit die Dinge ins Rollen. Er will über eine Aufstockung der Zuschüsse diskutieren, alternativ über städtische Platzwarte. Jetzt wurde ihm von SBE ein klärendes Gespräch versprochen: „Es ist nun mal nicht irgendeine Sportanlage. Sie ist ein Aushängeschild für unseren Bezirk und für die ganze Stadt.“