Essen-Werden. Der scheidende Abt Laurentius aus dem Benediktinerkloster Gerleve bei Billerbeck genießt die Gastfreundschaft der Propsteipfarrei St. Ludgerus.

Nach über 200 Jahren wohnt wieder ein Benediktinerabt in Werden: Pater Laurentius. Er leitete das Kloster Gerleve bei Billerbeck und scheidet nun aus seinem Amt aus. Zurzeit genießt er Werdener Gastfreundschaft inmitten der Pfarrei St. Ludgerus – und wird hier liturgische Dienste übernehmen. Die Redaktion sprach mit ihm über seine Aufgaben – und die Vorliebe zur Musik.

„Fröhlich und großzügig wollte ich mein Amt als Abt gestalten. Für andere da sein. Im Gesicht des Menschen Gott erkennen. Es ist ein Geschenk, glauben zu dürfen und anderen Menschen gut zu sein.“ Gott liebt einen fröhlichen Geber, gewiss auch diesen 1951 in Castrop-Rauxel geborenen Benediktinermönch: „Ich bin glücklich an meinem Platz.“

Der Kirchenmusiker gab Orgelkonzerte im In- und Ausland

Die Figur des Hl. Liudger an der hinteren Fassade von St. Ludgerus in Essen-Werden.
Die Figur des Hl. Liudger an der hinteren Fassade von St. Ludgerus in Essen-Werden. © Kerstin Kokoska

Pater Laurentius leitete über 13 Jahre das Kloster Gerleve. Seit April logiert er in Werden, direkt neben der Basilika. „Ich bin mein eigener Abt und mein eigener Novize. Hier als Eremit merke ich, wie wichtig es ist, mit sich selbst gut befreundet zu sein.“ Ein Seitenblick zum Kreuz an der Wand, die wachen Augen blitzen: „Aber ich bin ja nie allein.“

Der Kirchenmusiker gab Orgelkonzerte im In- und Ausland, spielte verschiedene CDs ein, war Dozent für Gregorianik in Herford und Dortmund: „Ich habe immer eine Neigung zur Musik gehabt und eine Liebe zum Gottesdienst. Doch Gemeindepfarrer war nicht mein Weg. Mit 18 Jahren habe ich das mit dem Kloster ausprobiert. Es war eine andere Zeit und ich wild entschlossen. Mit einem kleinen Koffer bin ich eingetreten. Den habe ich immer noch: Ramponiert, aber funktionsfähig. Das gilt wohl auch für mich selbst.“

Ein scheidender Abt verlässt für ein halbes Jahr sein Kloster

Mit 70 Jahren emeritiert ein Abt ohnehin. Pater Laurentius spürte aber, dass seine Kräfte sich zurückzogen und wollte jetzt schon den Schnitt. Ein scheidender Abt verlässt für ein halbes Jahr sein Kloster, um den Konvent in Ruhe einen Nachfolger wählen zu lassen. Aber auch, um aus dem Amt „herauszufinden“, wie Laurentius es ausdrückt. Im November werde er in „Reih und Glied“ seiner Klostergemeinschaft zurückkehren: „Es besteht keine Gefahr, dass ich mein eigenes Denkmal werde.“Seelsorge und Bildungsarbeit werden seine Felder sein. Und natürlich die geliebte Kirchenmusik.

Enger Bezug zu Ludgerus war ausschlaggebend für die Wahl der „Eremitage“

Der Ludgerusschrein wird alljährlich im September im Rahmen einer Prozession durch die Werdener Altstadt getragen.
Der Ludgerusschrein wird alljährlich im September im Rahmen einer Prozession durch die Werdener Altstadt getragen. © Vladimir Wegener

Ein enger Bezug zu Ludgerus war ausschlaggebend für die Wahl der „Eremitage“ in Werden: „Unser Kloster wurde 1899 von drei mit hartnäckiger Frömmigkeit versehenen Geschwistern an der Ludgerirast gegründet.“ Dort soll Liudger 809 am Vorabend seines Todes eine Erholungspause eingelegt haben.

Zum 1200-jährigen Jubiläum seiner Bischofsweihe wurde 2005 der Schrein des Heiligen aus Werden nach Münster getragen: „Die Prozession machte bei uns in Gerleve halt. Wir empfingen die Reliquien auf dem festlich geschmückten Kirchvorplatz, zogen mit dem Schrein durch den Kreuzgang in die Abteikirche und sangen die Vesper, bei der unser damaliger Abt Pius predigte. Im September 2011 war ich dann eingeladen, die Ludgerustracht in Werden zu leiten.“

Spaziergang auf der Brehminsel zur Skulptur „Aakes Baas“

Pater Laurentius steht in der Basilika und sieht richtig glücklich aus: „Mir tut das gut, dass ich mich hier erholen kann. Ich brauche ja nicht viel. Mir fällt hier bestimmt nicht die Decke auf den Kopf.“ Er koche für sein Leben gern und er gucke sich alles an: Werden mit seiner traumhaften Altstadt, als Benediktiner interessiere er sich natürlich sehr für die Klosteranlage. „Ich habe die Natur entdeckt und gehe in strammem Gang spazieren.“

Auch interessant

Zum Beispiel auf der Brehminsel: „Ein Arboretum mit wunderschönen mächtigen Platanen.“ Dort knipste er ein Selfie mit der Löcherbach-Skulptur „Aakes Baas“ und dachte so für sich: „Einer hat das Ruder in der Hand.“ Ein altes Foto zeigt ihn und seinen älteren Bruder auf dem Baldeneysee. Mit dem Bruder hat er jetzt wieder den regen Kontakt, den ihm sein Amt leider oft verwehrte.

Die Gemeinschaft mit der Gemeinde in Essen-Werden leben

In der Schatzkammer von St. Ludgerus in Werden hängt dieses Bild: Es zeigt einen Ausschnitt aus dem Gemälde „Elija vom Engel gespeist“ (1565) von Bartholomäus Bruyn dem Jüngeren und beinhaltet die älteste Darstellung des Werdener Klosters mit Abteikirche.
In der Schatzkammer von St. Ludgerus in Werden hängt dieses Bild: Es zeigt einen Ausschnitt aus dem Gemälde „Elija vom Engel gespeist“ (1565) von Bartholomäus Bruyn dem Jüngeren und beinhaltet die älteste Darstellung des Werdener Klosters mit Abteikirche. © Ulrich von Born

So ein großes Kloster ist nämlich ein mittelständischer Betrieb, der geführt und gelenkt werden muss: „Der Abt ist ein Mönch und Priester, aber er muss auch Dinge anpacken und durchziehen.“ Das Kloster Gerleve konnte noch keinen Nachfolger bestimmen: „Die Wahl wurde wegen Corona auf unbestimmte Zeit verschoben, die Geschicke der Abtei lenkt der Prior. Es gibt da kein Vakuum.“

In Werden möchte Pater Laurentius auch Gottesdienste feiern und hat angeboten, nach Aufhebung der Einschränkungen liturgische Dienste zu übernehmen: „Das war der Wunsch auf beiden Seiten. So lebe ich dann die Gemeinschaft mit der Gemeinde.“

Der letzte Werdener Abt amtierte bis zur Säkularisierung 1802

Das Werdener Kloster war seit seiner Gründung durch Liudger im Jahr 799 eine Benediktinerabtei. Der 69. und letzte Abt des 1802 säkularisierten Klosters war Beda Cornelius Savels. Im Jahr 1795 wurde Savels Prior und schließlich am 20. März 1798 zum Abt gewählt. In Werden weisen die Straßennamen Savelshang und Bedastraße auf diesen letzten Werdener Abt hin.

Propst Jürgen Schmidt ist hocherfreut über dieses Déjà-vu: „Nach rund 200 Jahren zumindest zeitweise wieder einen Benediktinerabt in Werden zu wissen, ist sicher ein schönes Zeichen der Verbundenheit mit der Geschichte der Abtei und der Basilika.“

Auch interessant