Essen-Kettwig. Mehr als 32 Jahre war Dierk Lamm im Förderkreis der Stadtteilbibliothek Kettwig ehrenamtlich tätig. Ein Gespräch zum Abschluss.

Nach mehr als 32 Jahren verabschiedet sich Dierk Lamm aus dem Vorstand des Förderkreises der Stadtteilbibliothek Kettwig. Für das Amt des Vorsitzenden kandidierte er auf der Mitgliederversammlung am 28. Oktober nicht mehr.

Für den 78-Jährigen kein leichter Schritt, immerhin ist er Gründungsmitglied, aber ein notwendiger. „Die Familie meines Sohnes wohnt jetzt in der Nähe und ich möchte mehr Zeit mit meinem Enkelkind verbringen. Und endlich Zeit fürs Lesen haben“, sagt Lamm mit einem Augenzwinkern, macht es sich im Sessel des Homeoffice bequem und liest aus Donna Leons „Vendetta“ vor.

Dierk Lamm liest gern italienische Krimis. Dafür hat er nun wieder genügend Zeit.
Dierk Lamm liest gern italienische Krimis. Dafür hat er nun wieder genügend Zeit. © Carsten Klein

Vielfältiges Engagement für die Kettwiger Belange

Italienische Krimis mag er am liebsten, „nicht die brutalen aus dem Norden“, erklärt Lamm. Neben Donna Leon und seinem Commissario Brunetti ist es Andrea Camilleris sizilianische Commissario Montalbano, dem der Rechtsanwalt gern bei der Verbrechsaufklärung folgt.

Die Liebe zur Literatur und zur Musik sei familiengegeben, berichtet Lamm, der 1990 die Deutschen Kabarett-Tage in Kettwig ins Leben rief und diese bis 2010 organisierte. Er hob die „Klangspur“ im Kulturhauptstadt-Jahr mit aus der Taufe, gehörte zehn Jahre dem Förderkreis Brücker Schule an und engagierte sich überdies mehrere Jahre für den Skulpturenpark in Kettwig.

Der Förderkreis wurde im Mai 1987 begründet

Den Förderkreis der Stadtteilbibliothek begründeten sieben Kettwiger im Mai 1987. „Die Stadt Essen setzte den Rotstift an, von 28 Stadtteilbibliotheken wurden 14 geschlossen“; erinnert sich Lamm. „Nur in Kettwig und Überruhr bildeten sich Fördervereine. Das ist bis heute so geblieben.“

Kulturveranstaltungen sollten für die Finanzierung von neuem Lesefutter für die Stadtteilbücherei sorgen. Es begann mit einer Konzertreihe, die der Pianist Christian Nagel, damals Untermieter im Hause Lamm, auf die Beine stellte. „Diese 28 Konzerte im Ratssaal, der Eintritt kostete fünf D-Mark, war der materielle Anfang“, so Lamm. Weitere Veranstaltungen, wie die italienische Nacht, Lesungen mit Prominenten und Bücherverkäufe auf dem Weihnachtsmarkt, sollten folgen.

Der Bücherkeller ist ein großer Erfolg

Die Idee von Förderkreis-Mitglied Doris Dubberke, mit einem Bücherkeller gebrauchte Literatur in andere Hände zu geben, erwies sich als Glücksgriff. Seit 1994 organisierte sie den Verkauf. „Wir waren manchmal sehr konträrer Meinung, aber ein absolut gutes Team“, beschreibt Dierk Lamm die Zusammenarbeit.

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Fast wäre der Bücherkeller untergegangen, als 4000 Bücher im Juni 2018 einem Wasserschaden zum Opfer fielen. Aber man hatte Glück: „Im Rathaus war in der ersten Etage ein Raum frei“, erzählt Lamm. Die Bücherfreunde bekamen viel Hilfe, sogar Verlage spendeten Neuware.

Jetzt zählt der Verein 100 Mitglieder und hat von 1988 bis 2019 gut 81.000 Euro erwirtschaftet. Der Hauptteil wurde für Bücher und Medien ausgegeben. Dass die Kettwiger Bücherei mit 135.000 Ausleihen pro Jahr zu den erfolgreichsten Außenstellen in Essen gehört, macht Lamm stolz: „Zeit, den Vorsitz in andere Hände zu geben.“

Förderkreis hat einen neuen Vorstand gewählt

Auf der Jahreshauptversammlung wählte der Förderkreis der Stadtteilbibliothek einen neuen Vorstand. Neben Dierk Lamm schied auch Ute Henkel aus persönlichen Gründen aus. Der Vorstand besteht nun aus Erich Schmidt-Dransfeld (Vorsitzender), Prof. Dr. Andreas Bockisch (stellvertretender Vorsitzender) und Karl-Heinz Dubberke (Schatzmeister) sowie den bisherigen Mitgliedern Bernhard Bandura (Schriftführer) und Birgit Dransfeld (stellvertretende Schriftführerin).

Der neue Vorsitzende des Förderkreises der Stadtteilbücherei, Erich Schmidt-Dransfeld, und die Leiterin der Stadtteilbücherei, Petra Bandura, mit neu erworbenen Büchern für die Stadtteilbücherei Kettwig.
Der neue Vorsitzende des Förderkreises der Stadtteilbücherei, Erich Schmidt-Dransfeld, und die Leiterin der Stadtteilbücherei, Petra Bandura, mit neu erworbenen Büchern für die Stadtteilbücherei Kettwig. © Carsten Klein

Nicht aussparen ließ sich die noch nicht beigelegte Auseinandersetzung mit dem ehemaligen Schatzmeister, über die die Presse im Sommer ausführlich berichtet hatte. Ein Mitglied stellte einen Empfehlungsantrag an den Vorstand, die Durchsetzung der Vereinsinteressen weiter konsequent zu betreiben, der einstimmig angenommen wurde.

Verein benötigt bessere Vernetzung im Ort

In seinem Ausblick auf die zukünftige Arbeit führte Erich Schmidt-Dransfeld aus: „Wir möchten uns in zwei Richtungen stärker öffnen. Zum einen brauchen wir eine noch bessere Vernetzung im Ort, mit anderen Vereinen, Bildungseinrichtungen und dem Buchhandel. Zum anderen möchten wir Mitglieder und Interessierte aktiver einbeziehen.“ Dazu soll es Arbeitskreise geben.

Schmidt-Dransfeld lobte das hohe Engagement von Petra Bandura als Leiterin der Stadtteilbibliothek. „Geplant ist, sich stärker um Angebote für Kinder und Jugendliche zu bemühen. Neben Büchern haben elektronische und andere neue Medien längst Einzug in die Bibliotheken gehalten und wurden vom Verein gefördert. Da sei nur an die in Kettwig angeschafften Tonies erinnert“, führte der Vorsitzende aus.

Zum Wandel in den Bibliotheken stehe der Förderkreis mit dem Leiter der zentralen Stadtteilbibliothek im Austausch und ein nächstes Gespräch sei für Ende November vereinbart. Und natürlich hofft der neue Vorstand, auch in 2020 viele Kettwiger mit Veranstaltungen zu erreichen.