Kettwig. .
Sechs Stühle und eine an den Blattspitzen bereits vertrocknete Zimmerpflanze - die karge Bühnendekoration eines legendären Abends im Alten Bahnhof.
Am Sonntag verabschiedeten sich Mona, Oliver und Dierk Lamm als Organisatoren der Deutschen Kabarett-Tage in Kettwig. Nach 20 Jahren. Und sie taten das mit erstaunlich guter Laune. Dierk Lamm zwar mit peinigenden Rückenschmerzen, aber auch mit dem Versprechen, „dass es in Kettwig auch weiterhin Kabarett geben wird“. Richtiges Kabarett - und keine Comedyshows. Das war ihm und seiner Familie immer besonders wichtig. Vielleicht als Benefizveranstaltung? Vielleicht im Forum Auf der Höhe? Vieles ist möglich.
Das Kapitel Kabarett-Tage ist allerdings beendet. Vorbei. Finito. Knappe zehn Sekunden dauerte Dierk Lamms öffentliches Abschiednehmen auf der Bühne. Vor einem Publikum, das ihn in den vergangenen zwei Jahrzehnten begleitet hat. „Man geht ja nicht so ganz...“ Wieder ein Versprechen und beim Zuhörer die Hoffnung darauf, dass Lamm auch künftig Hochkaräter an die Ruhr holen wird.
So wie zum Abschluss Henning Venske und Jochen Busse. Die sechs Stühle und eine an den Blattspitzen bereits vertrocknete Zimmerpflanze wurden zu einem beliebigen Wartezimmer. Mehr brauchte es nicht. Nur noch Frank Grischek. Ein Virtuose am Akkordeon, der mit Leidensmiene untermalte und zwischenspielte. Venske und Busse - da stand auf der Bühne, was zusammengehört. Intellektuell auf gleich hohem Niveau, immer noch wütend, immer noch unangepasst. Politisches Kabarett mit Horizonterweiterungs-Garantie steht mittlerweile auf der roten Liste der aussterbenden Unterhaltungsgattungen. Venske und Busse pflegen es. Macht Fernsehen blöde oder machen Blöde Fernsehen? Jochen Busse: „Ich war zehn Jahre bei RTL, aber meine Würde lasse ich mir nicht nehmen.“ Gut so.
Brillante Handwerker
Mini-Sketche, lange Dialoge, Stuhl- und Szenenwechsel, Rollentausch, Dispute. Venske und Busse sind brillante Handwerker, beherzte Vordenken. Und den Reiz ihres fruchtbaren Zusammenspiels beschreibt Folgendes am treffensten: Busse - „Warum können wir nie einer Meinung sein?“ Venske - „Weil es uns nicht weiterbringt, wenn wir beide Unrecht haben...“
In diesem Sinne, liebe Familie Lamm: mehr davon - wann und wo auch immer.