ESSEN-WERDEN. . Er musste eine Nacht darüber schlafen – dann hat Benjamin Neubert zugesagt. Jetzt ist er Vorsitzender des Werdener Werberings. Er hat viele Pläne.

Ein bisschen blass um die Nase ist er schon noch. „Ich bin todmüde. Der Jetlag.“ Doch kaum aus dem USA-Urlaub zurück, steckt er bereits wieder mit Geschäftsführer Rolf Sachtleben die Köpfe zusammen. Es geht natürlich um den Werdener Werbering. Da wartet nun einiges auf den neuen Vorsitzenden – und Benjamin Neubert hängt sich voll rein.

Der 34-Jährige eröffnete im Juli 2018 in den ehemaligen Räumen der Lotto-Annahmestelle Kurbjuhn an der Ruhrtalstraße sein Versicherungsbüro. Diesen Standort für den Start in die Selbstständigkeit hat Neubert ganz bewusst so ausgewählt: „Ich hätte überall in Essen eröffnen können. Aber ich wollte unbedingt nach Werden.“

Hier war er mit seiner Freundin Katharina schon oft zu Gast: „Man muss sich bewusst machen, wie schön das hier ist. Ein Ort zum Wohlfühlen.“ Als „Zugereister“ erkenne er das vielleicht noch deutlicher als die Einheimischen: „Hier ticken die Uhren noch anders. So ein Idyll ist nicht selbstverständlich.“

Zweimal im Jahr findet in Werden der Stoff- und Tuchmarkt statt.
Zweimal im Jahr findet in Werden der Stoff- und Tuchmarkt statt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die Werdener Stoffmärkte sind zweimal im Jahr Besuchermagneten

Auch auf den Werdener Stoffmärkten war das Paar unterwegs. Beim verkaufsoffenen Sonntag durch die Gassen schlendern, schauen und staunen. Was Neubert im Gedächtnis blieb: „Unglaublich, wie viele Besucher da waren. Die Märkte ziehen das ganze Ruhrgebiet an. Ein Publikumsmagnet.“

Benjamin Neubert hatte noch ein zweites Argument für Werden: „Ich habe hier viele Bekannte und Freunde, sogar Verwandtschaft. Meine Urgroßmutter Ottilia Schmitz führte in den 60er und 70er Jahren einen beliebten Imbiss gegenüber der evangelischen Kirche. Das war eine Institution damals.“

Die Mitgliederversammlung wählte den 34-Jährigen einstimmig

Der Schritt in den Werbering war also nur konsequent. Doch es wurde deutlich mehr daraus. Zunächst ging es um den Posten des Schriftführers, dann kam die Anfrage für den Vorsitz: „Da habe ich eine Nacht drüber geschlafen und dann zugesagt. Ich möchte mich engagieren und Verantwortung übernehmen.“ Prompt wählte ihn die Mitgliederversammlung zum Vorsitzenden. Einstimmig.

Mit so viel Vertrauensvorschuss bedacht, geht Neubert seine Aufgabe mutig an. Es stehen Antrittsbesuche auf dem Programm, auch sind neue Werbering-Mitglieder zu begrüßen. Das liegt ihm: „Ich bin offen auf die Leute zugegangen und bin auf offene Menschen gestoßen. Man kennt und grüßt sich. Man schätzt sich.“

Ehrlich muss er eingestehen, dass es bei ihm daheim in Ratingen nicht ganz so herzlich zugeht. Wobei er auf seinen Wohnort nichts kommen lässt: „Die haben mich zu einem Benefizkonzert eingeladen zugunsten benachteiligter Jugendlicher. Nicht alle haben so viel Glück gehabt im Leben. Ich empfinde es als Pflicht, da zu helfen.“

Ein großer Erfolg war die Modenschau in Haus Fuhr.
Ein großer Erfolg war die Modenschau in Haus Fuhr. © FUNKE Foto Services | Carsten Klein

Die große Modenschau war ein riesiger Erfolg – auch für die Aktion Lichtblicke

Diese soziale Einstellung teilt er mit anderen im Werbering. So kamen bei der großen Modenschau „FashionWerden“ kürzlich stolze 1915 Euro zusammen für die Aktion Lichtblicke. Nun wird Neubert fast schon euphorisch: „Was für tolle Reaktionen diese Modenschau erzeugt hat. Es war als Pilotprojekt gedacht und ist etwas ganz Besonderes geworden.“ Das Lob gebühre aber unbedingt Jutta Lorenz und Kirstin Drichel sowie ihren Mitstreitern: „Wir haben nur im Hintergrund unterstützt. Sage und schreibe 31 Werdener Unternehmen haben Hand in Hand gearbeitet und einen riesigen Abend inszeniert.“

Die Rückmeldungen der Werdener Geschäftsleute war auch erfreulich: „Die Kunden haben den verkaufslangen Abend und die nächsten Tage genutzt und sind in die Läden geströmt. Werden hat richtig vibriert. Was für ein Erfolg.“ Man konnte die Energie förmlich greifen.

Der Weihnachtsmarkt vor fast 40 Jahren waren der Startschuss für den Werbering

Vielleicht vergleichbar mit der Aufbruchsstimmung beim ersten Weihnachtsmarkt, aus dem vor fast 40 Jahren der Werbering entstand. Und das möchte Benjamin Neubert nutzen: „Ich stehe für Modernisierung. Tradition und gute Bräuche sollen aber unbedingt beibehalten werden. Im Vorstand muss ein Team auf Augenhöhe die jeweiligen Stärken einbringen. Es kann sich nicht jeder um alles kümmern. Die Aufgaben müssen verteilt sein.“ Als nächstes steht die Fête de la Musique an, gefolgt vom ersten Apfelfest und vielem mehr: „Die Ideen für neue Projekte sprudeln.“

Beruf, Privatleben und Ehrenamt

Benjamin Neubert muss nun Beruf, Privatleben und Ehrenamt unter einen Hut kriegen: „Man nimmt doch viel mit nach Hause. Die Gedanken kreisen noch.“ Aber daheim warten auf ihn seine Katharina und gleich mehrere „Therapeuten“, denn das Paar hat drei Katzen: „Die strahlen solch eine Ruhe und Souveränität aus. Da kann ich entspannen.“

Auch setzt er gezielt auf Auszeiten und unternimmt Reisen. Neubert nimmt da stets hilfreiche Eindrücke mit: „Auch jetzt in den USA habe ich Ideen gesammelt für meine berufliche Entwicklung.“