Essen-Kettwig. Am Stauseeufer bringt Kettwig das größte städtebauliche Entwicklungsprojekt der nächsten Jahrzehnte auf die Schiene. Mit einem Investitionsvolumen von bis zu 70 Millionen Euro sollen auf dem Gelände der ehemaligen Textilfabriken eine "See-Promenade" entstehen.

Chronologie

Für das Gelände am Promenadenweg wurden bereits zahlreiche Pläne ausgearbeitet.

1985: Gespräche zwischen Stadt und Bahn AG über eine Verlegung des S-Bahnhofes Kettwig an die Güterstraße. 14 Jahre lang wird dieser Plan diskutiert - folgenlos.

1992: Im Landschaftsplan wird das Landschaftsschutzgebiet „Kettwiger Stausee” festgeschrieben, es umfasst auch den Promenadenweg.

1997: Der Rat der Stadt beschließt den städtebaulichen „Rahmenplan Kettwig-Süd”. Kernpunkte: Neubau eines S-Bahnhofes und Überplanung der bestehenden Hallen und Brachen mit hochwertigem Wohnungsbau, Büro- und Geschäftshäuser. Aufbruch des Sperr-Riegels an der Ringstraße, Schaffung einer Verbindung zum Seeufer. Dieser Plan ist immer noch Geschäftsgrundlage für die Bauleitplanung für das Scheidt-Gelände am Stausee.

1999: Der Planungsausschuss verabschiedet sich vom Ziel eines S-Bahnhof-Neubaus. Die beiden Haltepunkte sollen bestehen bleiben.

2003: Hotelkonzept: Pläne für Geschosswohnungsbau am Seeufer und mehrgeschossige Bürobauten sowie ein Hotel an der Ringstraße.

2005: Das Konzept wird wegen fehlender Vermarktungschancen aufgegeben.

Bis zu 70 Millionen Euro wollen zwei Investoren in die Hand nehmen, um das Gelände der ehemaligen Textilfabriken zur „See-Promenade” aufzuwerten. Die Berliner Kondor-Wessels-Gruppe will dort zwischen Ringstraße und Promenadenweg drei Wohnsiedlungen errichten; die Flächen zwischen Ring- und Bachstraße will die Kettwiger Grundstücksgesellschaft mit Unterstützung der Kulturhauptstadtgesellschaft und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Metropole Ruhr zu einem „Kreativquartier” ausbauen.

600 Quadratmeter großer Spielplatz

Am kommenden Dienstag werden den Bezirksvertretern die Pläne vorgestellt, mit der Stadt und Investoren endlich den Riegel zwischen Ringstraße und Stauseeufer durchbrechen wollen. Planungsdezernent Hans-Jürgen Best spricht von einer „Sperrfunktion am Seeufer”, die mit einer neuen Verbindungsstraße zwischen Ringstraße und Promenadenweg aufgelöst werden soll. Historische Gebäude sollen erhalten bleiben. Die zum Wohngebäude umgebaute alte Weberei am Seeufer ist bereits Baudenkmal. Dazu kommen sollen nach dem Wunsch der Denkmalbehörde die Verwaltung der ehemaligen Kammgarnspinnerei, Kesselhaus und Hofgebäude der ehemaligen Energiezentrale sowie die alten Grenzmauern an der Ecke Ringstraße/Promenadenweg.

Die Kondor-Wessels-Gruppe, die im Kölner Rheinauhafen und in der Mülheimer Innenstadt (Ruhrbania) gerade hochwertige Wohnprojekte realisiert, plant auf dem Gebiet drei Komplexe. Im Nordwesten sollen sich dreieinhalbgeschossige Häuser an die historische Mauer schmiegen, daneben soll ein bis zu dreigeschossiges Parkhaus entstehen. Reihenhäuser sollen auch entlang der Erschließungsstraße entstehen und im Innern der Siedlung Platz lassen für Grün und einen 600 Quadratmeter großen Spielplatz mit Verbindung zum Seeufer.

Stadtvillen mit Tiefgarage

Am Promenadenweg plant der Investor Stadtvillen mit einer gemeimsamen Tiefgarage. Zwischen dem „Kreativ-Quartier” und der Erschließungsstraße plant Kondor-Wesseler großzügige Reihen-Eigenheime mit Südgärten, Carports und privaten Stellplätzen.

Prognose der Stadtplaner: Die Maßnahme „dient dazu, die Lebens- und Wohnqualität im Stadtteil nachhaltig zu stärken”. Knackpunkte der Planungen sind vor allem Verkehrsprobleme. Die „See-Promenade” wird deutlich mehr Verkehr auf die Ringstraße bringen - und damit auch auf den heute schon stark belasteten Knotenpunkt Graf-Zeppelin-Straße. Und: Dem Ausflugsverkehr am Wochenende zum Stausee werden die Parkplätze extrem knapp.

Modell "Wege zum Wasser"

Wohnen am Wasser ist ein großer Standortvorteil; deshalb hat die Stadt das Modell „Wege zum Wasser” entwickelt. Arbeiten am Wasser zieht erst recht, sagen Projektentwickler. Erfolgsgeschichten wie der Umbau des Duisurger Binnenhafens belegen das. In den See-Promenaden will die Kettwiger Grundstcksgesellschaft nun das Beste aus beiden Welten vereinen.

„Loft-Wohnen neu definieren” ist einer der Ansprüche der Grundstücksgesellschaft bei ihrer Vermarktung des Geländes zwischen Ring- und Bachstraße und Promenadenweg. Vier Zielgruppen hat Heinz Schnetger, Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft, als Zielgruppen für die gewerbliche Nutzung ins Auge gefasst: Kommunikations- und Werbeagenturen, Planer (Stadt- wie Landschaftsplaner oder Architekten), Künstler und Kunstgewerbler sowie Designer. „Funken schlagen aus der Altsubstanz” will Schnetger mit seinen Visionen vom Arbeiten und Wohnen in historischen Gebäuden.

Zukunftsorientierte Zielgruppen

Die Zielgruppen sind zukunftsorientiert gewählt: Die Kreativwirtschaft definiert Dieter Gorny, zuständiger Geschäftsführer der Kulturhauptstadt-Gesellschaft Ruhr 2010, als einen der zentralen Wachstumsmärkte der Zukunft. Allerdings hat es auch der Standort Zollverein mit der geplanten Designstadt auf diese Zielgruppe abgesehen. Droht hier ein ruinöser Wettbewerb um die kaufkräftige Klientel? Nein, sagt Schnetger: „Unser Kreativquartier und Zolllverein werden sich problemlos ergänzen.”

Neben der konkurrenzlosen Lage am Stausee ist es vor allem die Nähe zu Düsseldorf, die die Grundstücksgesellschaft optimistisch stimmt. So wirbt sie mit der Seelage, natürlich mit der Kulturhauptstadt 2010 - und mit den kühnen Behauptungen: „15 Minuten” zum Flughafen Düsseldorf, „30 Minuten” zu den Bürostandorten in der Düsseldorfer Innenstadt.