Essen.
Sechs Monate lang sollte eine 37-Jährige ins Gefängnis gehen, weil sie am Stadion von Rot-Weiß Essen illegal ihrem Geschäft der Prostitution nachging. Amtsrichterin Monique Dreher hatte aber ein Einsehen und setzte das halbe Jahr Haft zur Bewährung aus.
Straßenprostitution ist in Essen nur noch in den „Verrichtungsboxen“ an der Gladbecker Straße erlaubt. Tabu ist die Pferdebahnstraße neben dem aufgewerteten Thyssen-Krupp-Quartier. Dort stellte die 37-Jährige sich aber am Mittag des 31. August auf und fand schnell einen Freier. Mit dem Auto fuhren sie zum Parkplatz des RWE-Stadions, wo sich für echte Fans manch Glücksmoment in Sekunden zum Fiasko wandelte. So muss es den beiden ergangen sein, als zwei Polizisten sie laut Anklage „mit ausgezogenen Hosen auf der Rückbank“ antrafen und zur Tat schritten.
Dem Freier passierte strafrechtlich nichts. Problematisch für die Altendorferin war, dass sie im vergangenen Jahr an drei weiteren Tagen wegen verbotener Prostitution von der Polizei erwischt und belehrt wurde. 15 Vorstrafen seit 1998 listet ihr Register auf, meist wegen Diebstahls oder Drogen. Seit 2010 ist sie auch wegen illegaler Prostitution verurteilt. Beim ersten Mal gab es eine Geldstrafe, beim zweiten vier Monate Haft mit Bewährung. Da zeichnet sich ab, wohin der Weg geht.
Angeklagte von Drogensucht gezeichnet
Ein körperliches Wrack sitzt auf der Anklagebank. Vorgeführt aus dem Zellentrakt, weil die 37-Jährige insgesamt ein Jahr Haft aus Bewährungswiderrufen absitzt. Vor einigen Wochen hat sie im Gefängnis einen Herzinfarkt erlitten. Richterin Dreher spricht die Drogensucht der 37-Jährigen an: „Ja, seit 20 Jahren.“ Jetzt will sie erstmals eine richtige Therapie machen.
Die Staatsanwaltschaft, vertreten durch eine Referendarin, lässt sich davon nicht beeindrucken: Sechs Monate Haft ohne Bewährung „zur Einwirkung auf die Täterin und zur Verteidigung der Rechtsordnung“ fordert sie. Verteidiger Michael Wolff erinnert an die Drogenabhängigkeit, an das Nachdenken seiner Mandantin in der Zelle: „Was vergibt sich die Rechtsordnung, wenn sie ihr Bewährung gibt?“ Richterin Dreher sieht es ähnlich, gibt Bewährung und sieht Gründe für Milde: „Wegen der Drogenabhängigkeit, denn da liegt der tiefere Sinn der Tat.“ Die Bewährungshilfe soll der Angeklagten helfen, die Sucht zu bekämpfen.