Essen. Den Vorwurf, sie sei vor der Islamisten-Demo nicht wachsam gewesen, weist die Polizei zurück. Und dass sie zu schwach vertreten war? – „Quatsch!“
Verstörende Bilder einer islamistischen Machtdemonstration, und die Essener Polizei steht hilf- und ahnungslos daneben: So lautete jüngst, etwas gerafft, der Vorwurf des Radikalisierungs-Forschers Burak Çopur im Interview mit dieser Zeitung. Çopur erkennt ein „Versagen“ im Vorfeld der Demo, die wegen ihres demokratie- und verfassungsfeindlichen Charakters nach seiner Meinung hätte aufgelöst werden müssen. Doch die Polizei widerspricht, ist vielmehr überzeugt, einen heiklen Abend gut gemeistert zu haben. Mit seiner Kritik, so der Tenor, mache es sich der Radikalisierungs-Forscher schlicht zu einfach.
Denn wo Çopur bereits strafwürdiges Verhalten sieht, können die Fachleute der Polizei dies bislang nicht erkennen. In einem wahren Wust von Foto-, Video- und Tonmaterial, dessen Auswertung noch eine Weile dauern werde, habe man bislang „in keinem einzigen Fall“ den Nachweis strafbaren Verhaltens gefunden, betont Thomas Weise, Pressesprecher der Essener Polizei. Dabei seien der polizeiliche Staatsschutz, Experten des Versammlungsrechts, Dolmetscher und Islamwissenschaftler dabei, „jedes Schild, jedes Foto, jedes Banner zu prüfen“.
Die Geschlechtertrennung war im Vorfeld verneint worden – fand aber dann doch statt
Diese Kräfte waren schon am Freitagabend der vergangenen Woche vor Ort und hätten von Beginn an ihre Arbeit aufgenommen. Schon vor Wochen habe das NRW-Innenministerium eine Handreichung herausgegeben, damit sich die örtlichen Kräfte bei der Frage „Verboten oder nicht?“ im Wust der Symbole und Bilder sowie bei den Textpassagen rechtlich auf der sicheren Seite wussten.
„Natürlich sind die Demonstranten dabei bis an die Grenze gegangen“, räumt Weise ein, und getrickst wurde womöglich auch. So sei im Gespräch mit dem Anmelder der Demo durchaus die Frage nach einer möglichen Geschlechtertrennung beim Marsch durch die Innenstadt aufgetaucht. Die ist im Prinzip nicht verboten, allerdings sind die Veranstalter gehalten, den Ordnungskräften reinen Wein einzuschenken, damit diese die Zahl der Teilnehmer wie auch das Gefahren-Potenzial eines solchen Treffens einschätzen könnten.
„Ich verstehe die Beunruhigung, wenn Islamisten da so massiv Werbung treiben“
Die strikte Trennung der Marschierenden, die laut Polizei überwiegend von auswärts kamen, in einen Männer- und einen Frauen-Block war in den Kooperationsgesprächen vorab ausdrücklich verneint worden – und fand schlussendlich doch statt. Dass diese Zusage also nicht eingehalten wurde, könnte später noch einmal wichtig werden, wenn es um die Frage geht, als wie zuverlässig man den Anmelder ansieht. Polizei-Sprecher Weise stellt jedoch auch klar: Eine Auflösung der Veranstaltung wegen eines solchen Verstoßes sei abwegig.
Auch auf anderen Feldern könne die Polizei bei allem verständlichen Ärger über die verstörenden Bilder nicht an der Rechtslage vorbei: „Wir sind zum Schutz der Veranstaltung da“, erinnert Weise, „ich verstehe dabei ja die Beunruhigung, wenn Islamisten da so massiv Werbung treiben“. Aber es gehe nun mal „nicht um Geschmacksfragen und darum, was wir toll finden“.
Am Abend selbst gab es nur minimale Verstöße, bei denen die Polizei eingreifen musste
Und dass man, wie Radikalisierungs-Forscher Çopur kritisiert hatte, klare Ansagen gescheut hätte, weil die Polizei zahlenmäßig den Demonstranten unterlegen gewesen sei – „das ist Quatsch“, betont die Polizei. Es habe, am Abend erkennbar, allenfalls minimale Verstöße gegeben, und wo dies der Fall war, sei man auch eingeschritten. So habe man in einem Fall das Vermummungsverbot durchgesetzt, bei strittigen Symbolen wurden die jeweiligen Gegenstände sichergestellt.
Am Ende aber sei das Einsatzkonzept durchweg aufgegangen. Die Demo blieb friedlich, auch wenn die Bilder bei manchem das Gefühl vermittelten, die Islamisten hätten die Lage beherrscht. Das sei, so Weise „mit Sicherheit nicht“ der Fall.