Essen. Wenn nächste Woche die I-Dötzchen eingeschult werden, wird es an einigen Essener Schulen Fotoverbote geben – aus datenschutzrechtlichen Gründen.
Es ist einer der Momente im Leben, von dem fast jeder ein Erinnerungsfoto hat: die Einschulung. Bei den Älteren klebt es im Fotoalben, die Jüngeren bewahren es im Smartphone auf – und das wirft ganz neue Fragen auf. Weil bei den Einschulungsfeiern immer mehr fotografiert wird und viele Eltern Fotos in sozialen Medien teilen, auf denen „neben ihren eigenen Kindern fremde Kinder zu sehen sind“, mahnt das NRW-Schulministerium nun, „die Eltern für den datenschutzrechtlichen Umgang mit Fotos zu sensibilisieren“. Einige Essener Grundschulen haben daher beschlossen, das Fotografieren zu verbieten oder zumindest erheblich zu beschränken.
Über den Datenschutz muss man die Essener Schulleiter nicht mehr aufklären: Längst ist es gute Sitte, alle Eltern zu befragen, ob die Kinder bei Schulveranstaltungen fotografiert werden dürfen. Ohne eine solche Einverständniserklärung landet kein Bild im Schaukasten, Schulmagazin oder auf der Homepage. Was aber mit den hunderten Bildern geschieht, die jedes Jahr von Eltern und Großeltern am ersten Schultag gemacht werden, sei unmöglich zu kontrollieren, sagt Winfried Bega, der die Schule am Wasserturm im Südostviertel leitet.
Schon Drittklässler stellen Filme bei Youtube ein
„Darum gibt es bei unserer Einschulungsfeier ein Fotoverbot, auf das ich zum Beginn der Veranstaltung hinweise“, sagt Bega. Ganz ohne Souvenir will man die Familien aber doch nicht gehen lassen, und so dürfen am Ende der Feier diejenigen Schüler zum Klassenfoto mit der Lehrerin zusammenkommen, deren Eltern damit einverstanden sind.
Nicht immer seien es übrigens die Eltern, die unbekümmert Bilder ihrer Kinder in sozialen Medien posten, sagt Bega. „Wir hatten schon Dritt- und Viertklässler, die bei Youtube Filme von sich einstellen. Wir haben die Eltern informiert, die völlig ahnungslos waren. Sie haben die Sachen dann gelöscht.“
Eltern posteten bei Facebook, dass die Klassenfahrt abgebrochen wurde
Hannelore Herz-Höhnke, die die Bodelschwinghschule in Altendorf leitet, musste in Einzelfällen schon die Polizei informieren – wegen Youtube-Spots, die Acht- und Neunjährige produziert hatten. „Und ich möchte auch nicht, dass meine Rede bei der Einschulungsfeier gefilmt und ins Netz gestellt wird. Ich weiß ja nicht, mit wem die Eltern das teilen.“ Herz-Höhnke erlebt es als Unart, dass auf den Feiern heute ein digitales Blitzlichtgewitter losbreche und „die Eltern gar nicht mehr mitbekommen, was geschieht“. Beim Gottesdienst für die Erstklässler werde es daher ein Fotoverbot geben. Anschließend könnten die Eltern das eigene Kind fotografieren, in der Schule werde dann von einem Fotografen ein Klassenfoto gemacht.
Sachsen-Anhalt: Fotografieren an einigen Schulen untersagt
In Sachsen-Anhalt, wo die Erstklässler vergangene Woche eingeschult wurden, befürchteten viele Schulrektoren Datenschutz-Verstöße beim Fotografieren der Kinder. Laut einem Bericht der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ wollten einige Schulen sogar ein vollständiges Foto-Verbot für die Einschulungsfeiern erlassen. So erklärte ein Schulleiter in Halle, bei einem Info-Abend seien nicht alle Eltern einverstanden gewesen, dass ihr Kind bei der Einschulung fotografiert wird. „Wenn es nicht für alle geht, dann eben für keinen.“
Das sachsen-anhaltinische Bildungsministerium überlässt es den Schulen, wie sie mit dem Datenschutz umgehen. Im Vorjahr hatte man ein Fotoverbot als mögliche Lösung benannt, aber auch darauf hingewiesen, dass das „meist auf wenig Zustimmung“ stoßen werde. Denkbar sei auch, dass alle Kinder zu einem Klassenfoto zusammenkommen, deren Eltern das wünschten.
Die Schulleiterin erlebt den Umgang mit sozialen Medien als zu sorglos: „Inhalte werden oft zu schnell und unüberlegt geteilt.“ So als eine Klassenfahrt ihrer Schule abgebrochen werden musste, weil die Jugendherberge vom Eichenprozessionsspinner befallen war und viele Kinder allergisch reagierten. „Da ist ein Elternteil nach Reken gefahren, hat alles fotografiert und auf Facebook gepostet“, erinnert sich Herz-Höhnke. Mit der Folge, dass bei ihr ohne Unterlass das Telefon klingelte, RTL und andere Medien anriefen.
Beim Einschulungs-Gottesdienst darf nicht fotografiert werden
Ähnliches hat Stephanie Kassing, die die Andreasschule in Rüttenscheid leitet, noch nicht erlebt. „Wir bitten die Eltern nur, nicht in der Kirche zu fotografieren, und daran halten sie sich auch.“ Ganz ähnlich macht man es an der Theodor-Heuss-Schule in Bergerhausen: In der Kirche darf nicht fotografiert werden, später bei der Feier schon. Wie sagt die stellvertretende Schulleiterin Urte Heuß-Rumler: „Selbstverständlich ist das ein Tag, den man in irgendeiner Form festhalten möchte.“ Nur weise man die Eltern darauf hin, mit den Fotos sensibel umzugehen, insbesondere wenn darauf nicht nur das eigene Kind zu sehen ist.
Auch an der Heinickeschule im Südviertel ist Fotografieren und Filmen im Gottesdienst verboten: Die Eltern gehen nach der Einschulungsfeier mit in den Klassenraum und machen ein Foto von ihrem Kind und seiner Lehrerin, erzählt Rektorin Anja Warmuth. Ein Klassenfoto, das von einem Fotografen aufgenommen wird, gebe es bei ihnen nicht: „Das ist für die meisten unserer Eltern zu teuer.“