Essen-Altendorf. Lernförderung in den Sommerferien: 24 Mädchen und Jungen besuchen freiwillig die Sommerschule in Altendorf und lernen Mathe und Deutsch
Lernförderung ist beim Diakoniewerk Essen erstmals auch in den Sommerferien ein Thema: „Wegen Corona haben wir das Angebot ausgeweitet und die Sommerschule ins Leben gerufen“, erklärt Diakoniewerksprecher Bernhard Munzel. Gerade im Essener Westen, wo viele sozialschwache Familien mit Migrationshintergrund leben, sei der Wunsch nach den Extra-Stunden in Corona-Zeiten groß gewesen.
Sommerschule mit besonders motivierten Schülern
„Sechs Wochen“, ruft Raghad durch die Klasse, „möchte ich hier in die Schule gehen!“ Das Mädchen hält ein Arbeitsblatt in die Höhe. „Fertig“! Stolz bringt sie die Aufgaben nach vorn, um sie Nadia Chaht zu zeigen. Die Lehramtsstudentin ist mit Tanja Reitz für 14 Tage ihre neue Lehrerin.
Auf dem Tisch vor der Tafel liegen zwei Blumensträuße, verziert mit gemalten Karten. Ein Glückwunsch zum Geburtstag von Nadia Chaht. „Wie alt bist du jetzt eigentlich?“, will Raghad wissen. „24“, sagt die angehende Pädagogin. Da staunen auch die anderen Kinder. Neun sind es insgesamt in diesem Klassenraum der Hüttmannschule in Altendorf.
„Amzeltplatznehmeichimmereinetaschenlampemit“ steht auf dem Übungsblatt mit den Schreiblinien, das ein Junge bearbeitet. Sein Name soll nicht genannt werden. Schämen müsse sich niemand, der an der kostenlosen Sommerschule teilnimmt, findet Munzel. Aus dem Buchstabenkuddelmuddel auf dem Papier gilt es, einen Satz zu bilden und einzelne Wörter mit Trennstrichen zu kennzeichnen. „Das ist doch einfach“, ruft Raghad, die von den anderen „Professor“ genannt wird.
Auch interessant
Tanja Reitz, Dozentin für Erwachsenenbildung, ist für 14 Tage bei den Kindern im Einsatz. „Die Kinder sind sehr motiviert“, freut sie sich. Nur Deutsch und Mathe wird hier mit den Mädchen und Jungen geübt, von 9 bis 12 Uhr in Kleingruppen. Mit Grundschullehrern und dem Jugendamt wurden die Schüler ausgesucht, die diese Nachhilfe dringend benötigen. Vor allem der Nachwuchs der Migrationsfamilien ist durch die langen Schulschließungen wegen Corona auf der Strecke geblieben, weiß man beim Diakoniewerk.
Eltern müssen ihre Kinder persönlich anmelden
Eine Hürde bei der Feriensommerschule sei es, dass interessierte Eltern ihre Kinder selbst melden müssten, gibt Corinna Feisel zu bedenken. Wegen sprachlicher Probleme habe man nicht alle erreichen können. Die Sozialpädagogin hat das kostenlose Bildungsangebot als Teamleiterin beim Diakoniewerk koordiniert. Die Sommerschule wurde vom Essener Schulamt mit den vier Wohlfahrtsverbänden – Diakoniewerk, CSE, Arbeiterwohlfahrt und Arbeiter Samariterbund – in Windeseile gezimmert. „Wir hatten gerade 14 Tage für die Organisation“, fügt Feisel an. Nun hofft sie auf eine zweite Auflage in den Herbstferien. Die solle man sobald wie möglich planen. Am besten im September, falls abzusehen sei, dass Corona weiter den Schulbetrieb einschränkt.
Sommerschule findet erstmals wegen Corona statt
In der 2020 erstmals wegen Corona durchgeführten Sommerschule betreuen Lehramtsstudenten oder Studenten der Sozialen Arbeit die Kinder über das Essener Diakoniewerk.
Gefördert werden vor allem Kinder, die bereits vor Corona Lernhilfen in den Schulen erhalten haben.
Ansprechpartnerin für die Koordination Lernförderung beim Diakoniewerk ist Corinna Feisel. Kontakt: 26 64 19 53 00.
Auch an der Berliner Schule und der Theodor-Fliedner-Schule in Frohnhausen, der Andreasschule in Rüttenscheid sowie in den Flüchtlingsunterkünften an der Papestraße in Holsterhausen und im Kloster Schuir profitieren die Kinder noch bis Ende der Woche von der Maßnahme. Alle 110 Mädchen und Jungen hatten Gelegenheit, durch die Viruskrise entstandene Wissensdefizite aufzuholen. Ob das reicht, steht auf einem anderen Blatt. 75 dieser Kinder werden dauerhaft mit Nachhilfe unterstützt, finanziert über das Bildungs- und Teilhabepaket der Stadt Essen. „Die Lernförderung besteht seit 2013. Jedes Schuljahr starten wir an insgesamt 26 Grund- und weiterführenden Schulen im Essener Süden und Westen“, sagt Bernhard Munzel. Anspruchsberechtigt sind Kinder, deren Eltern Leistungen vom Jobcenter beziehen oder Wohngeld beantragt haben.