Schönebeck. Um den Mangel an Wohnbauflächen zu lindern, geraten die Schönebecker Schlucht, die Schacht-Kronprinz-Straße und das Winkhauser Tal ins Blickfeld.
„Rettet die Schönebecker Grünflächen“ lautet das Ziel einer Bürgerinitiative, die sich am Dienstag, 13. August 2019, gegründet hat. Sie möchte verhindern, dass Teile der Schönebecker Schlucht, die Schacht-Kronprinz-Straße (korrigierte Fassung, denn diese Fläche hatte die Initiative in ihrer ersten Pressemitteilung versehentlich nicht genannt) sowie des Winkhauser Tals bebaut werden. Im Rahmen des Bürgerforums „Wo wollen wir wohnen“ im vergangenen Jahr wurden diese beiden Flächen als „Pollstraße“ und „Aktienstraße 117/119“ bezeichnet. CDU-Ratsherr Klaus Diekmann kritisiert die Teilnahme zweier SPD-Politiker an der Gründungsversammlung.
Votum der Bezirksvertretung reiche nicht aus
Etwa 30 Personen hatten sich in der Hütte auf dem Festplatz der Bergbaukolonie eingefunden. Der Trägerverein fungierte dabei nur als Gastgeber, nicht als Veranstalter. In Anwesenheit von Essens SPD-Vorsitzendem Thomas Kutschaty, der SPD-Ratsfrau Angelika Weihnacht sowie dem Grünen-Bezirksvertreter Thorsten Drewes und mehreren Vertretern von Umweltverbänden wurden Wolfgang Sykorra, Karsten Fähndrich und Christian Müller zu Sprechern der Bürgerinitiative gewählt.
Die Schönebecker befürchten, dass das Votum der Bezirksvertretung IV gegen die Bebauung der Flächen nicht ausreichen werde. „Im schlimmsten Fall spricht sich der Rat mit den Stimmen der SPD für die Bebauung aus“, sagt Wolfgang Sykorra.
Der 74-jährige ehemalige Leiter des Gymnasiums Borbeck kennt sich in der Kommunalpolitik aus. Von 1980 bis 1999 war er Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Schönebeck, zwischenzeitlich auch Sachkundiger Bürger im Umweltausschuss und Mitglied des Aktionskreises, der den „Ostfriesenspieß“ A 31 im Essener Westen verhindern wollte. Dass er nun als BI-Sprecher wieder in die Öffentlichkeit tritt, nimmt Wolfgang Sykorra gelassen: „Für solch eine Sache lässt man sich gerne reaktivieren.“
Zwei der letzten verbliebenen Freiflächen in Gefahr
Denn die Stadt unternehme einen erneuten Versuch, zwei der wenigen noch verbliebenen Freiflächen in Schönebeck zu bebauen. Dabei wirft er ihr vor, das Ausmaß ihrer Pläne zu vertuschen. „Das Winkhauser Tal als ,Aktienstraße 117/119’ zu bezeichnen und die Schönebecker Schlucht als ,Pollstraße’, hört sich so harmlos an. Aber dahinter steckt Methode, um etwas durchzusetzen“, warnt Wolfgang Sykorra.
„Beide Fläche gehören zur im Ruhrgebiet einzigartigen Siepentallandschaft, die schon die Borbecker Stadtväter im Eingemeindungsvertrag mit der Stadt Essen von 1914 als schützenswert dargestellt hatten.“ Sie müssten laut Vertrag ebenso erhalten werden wie das Borbecker Standesamt oder die Polizeistation.
Dabei verkenne die Bürgerinitiative nicht den aktuellen Mangel an Wohnbauflächen. Doch sie orientiere sich an den Aussagen von Architekt Michael Happe aus Werden, der das Potenzial an bereits vorhandenen Flächen, auf denen Wohnungen entstehen könnten, als „systematisch klein gerechnet“ ansieht.
CDU ist „verwundert“ über Teilnahme der SPD-Politiker
Dass mit Thomas Kutschaty und Angelika Weihnacht zwei örtliche SPD-Politiker bei der Gründung der Bürgerinitiative anwesend waren, „verwundert“ die CDU-Ratsfraktion. Klaus Diekmann, CDU-Ratsherr für Schönebeck: „Mit dem Bürgerforum ‚Wo wollen wir wohnen?‘ wurde seinerzeit eine breit angelegte Diskussion ins Leben gerufen. Ziel war es, die Essenerinnen und Essener nach ihren Wünschen und Vorstellungen bezüglich neuer Wohnbauflächen zu befragen. Viele Bürgerinnen und Bürger haben diese Gelegenheit wahrgenommen und sich eingebracht. Der Rat der Stadt Essen hat in seiner Sitzung vom März dieses Jahres auf Grundlage der Ergebnisse des Bürgerforums die Verwaltung beauftragt, entsprechende Flächen zu prüfen. Diesen Beschluss hat auch die örtliche SPD-Ratsfrau Angelika Weihnacht mitgetragen. Daher ist es umso erstaunlicher, dass man vor Abschluss der Prüfung der Verwaltung sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt festlegt, auf diesen Flächen eine Bebauung ablehnen zu wollen. Die CDU-Fraktion wird zunächst das Ergebnis der Prüfung abwarten, um sich ein ganzheitliches, gesamtstädtisches Bild machen zu können und im Anschluss daran eine politische Entscheidung treffen.“