Essen. . Seit knapp zehn Jahren gibt es Integrationskurse, die für neue Zuwanderer Pflicht sind. Viele junge Migranten wissen nicht, dass es für sie spezielle Angebote gibt: Ein Bildungswerk in Essen-Borbeck hilft bei der Berufsorientierung von Migranten, die zwischen 18 und 27 Jahren alt sind.

Anfang 2005 kam das Zuwanderungsgesetz – und mit ihm die Integrationskurse für Migranten: 660 Stunden Deutschunterricht, ein wenig Recht, Landeskunde und viel Praktisches für den Alltag: Wie beantragt man einen Ausweis? Wie tauscht man ein Produkt um? Im letzten Jahr absolvierten 839 Menschen in Essen einen Integrationskurs; die erfolgreiche Teilnahme ist zum Beispiel obligatorisch für den, der die deutsche Staatsangehörigkeit beantragt oder eine Berufsausbildung anfangen will. Für Neu-Zuwanderer ist ein Kurs Pflicht, für Flüchtlinge mit gesichertem Aufenthaltsstatus auch, doch auch Deutsche, deren Eltern aus dem Ausland kommen, können einen Integrationskurs belegen.

Viele Kurse vermittelt das Jobcenter; zwölf Anbieter gibt es derzeit – und nur einer ist unter ihnen, der ein besonderes Angebot für junge Zuwanderer bereithält: den Integrationskurs für Jugendliche zwischen 18 und 27 Jahren.

„Der Kurs dauert 960 statt 660 Stunden“, erklärt Tina Huber von der Evangelischen Gemeinde Borbeck-Vogelheim. Unter ihrem Dach hat sich der Kurs-Anbieter „Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Nordrhein“ formiert, der als einziger im Stadtgebiet speziell junge Migranten schult. „Es gibt mehr Zeit zum Lernen, die Gruppen sind kleiner, und die jungen Migranten werden besonders in Fragen der Berufsorientierung ausgebildet“, ergänzt Marina Mirau vom Jugendmigrationsdienst (JMD). Dieser Dienst mit Sitz in Borbeck und finanziert durchs Bundesamt für Flüchtlinge und Migration, kümmert sich mit seinen Sozialpädagogen stadtweit speziell um die Belange junger Zuwanderer. Besonders gefragt sind Rollenspiele zum Thema „Bewerbungsgespräch“.

Junge Zuwanderer sind besonders motiviert

In einem Gruppenraum der Dreifaltigkeitskirche in Borbeck sitzen 15 junge Menschen, sie kommen aus Osteuropa, manche aus Asien oder aus der Türkei; Kursleiterin Valentyna Zhdobova erklärt, wie eine Bewerbung auszusehen hat: „Schaffen Sie Ordnung in Ihre Mappe“, sagt Sie, „und achten Sie auf ein gutes Foto. Geben Sie ruhig etwas Geld aus für einen professionellen Fotografen.“ Die Teilnehmer studieren ihre Unterlagen, und zwischendurch üben sie konkret, wie man sich bei Bewerbungsgesprächen zu verhalten hat.

„Besonders die jungen Zuwanderer sind in der Regel sehr motiviert“, hat Tina Huber festgestellt. Was man an den Ergebnissen ablesen kann: 90 Prozent der Teilnehmer zwischen 18 und 27 Jahren schneiden am Ende mit der Bestnote ab; bei den älteren in den regulären Kursen ist es etwa nur die Hälfte. „Wenn Sie jemanden mit Mitte 50 im Kurs haben, der zum ersten Mal im Leben einen Kugelschreiber in der Hand hält“, sagt Tina Huber, „dann ist ein solcher Kurs ganz sicher nur der Anfang. Es gibt Menschen, die müssen mitten im Leben erstmals lernen, wie man überhaupt lernt.“

Info: Jugendmigrationsdienst JMD, 6140055; Kommunales Integrationszentrum: 8328 401