Essen. 570 neue Jobs für Essen, 53 Millionen Euro Investitionssumme – der Bremsbeläge-Hersteller TMD Friction wird seine Produktion von Leverkusen an den Stadthafen in Essen verlagern. Berthold Schlinge, Geschäftsführer von TMD Friction, erklärt im Interview die Hintergründe.

Wie knapp war die Entscheidung zugunsten Essens?

Berthold Schlinge: Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Am Ende war aber der Platz ausschlaggebend, den wir in Essen auf dem 100 000 Quadratmeter großen Betriebsgelände haben. Diesen haben wir in Leverkusen nicht. In Essen stimmt auch die Verkehrsanbindung, die wir brauchen. Insofern war die Wahl Essen folgerichtig.

Stimmt es, dass Sie auch eine Verlagerung ins Ausland erwogen haben?

Das war eines der Szenarien, das wir geprüft haben. Wir haben uns aber für NRW entschieden, weil wir die Erfahrung der Mitarbeiter brauchen und die hohe Qualität unserer Produkte sichern wollen.

Warum ziehen Sie die Leverkusener und Essener Produktion zusammen?

Wir werden die Produktion auf neue Technologien umstellen, auch um neue Umweltstandards zu erfüllen und so wettbewerbsfähig zu bleiben. Bis zum Jahr 2020 wird die Hälfte unserer Bremsbeläge kupferfrei sein. Fahrzeughersteller wie Audi, Ford, VW fordern das für neue Plattformen. Es würde jedoch keinen Sinn machen, eine solche Technologie an zwei Standorten aufzubauen. Die Größenordnung, in der wir in Essen investieren – 53 Millionen Euro – ist in unserer Unternehmensgeschichte einmalig. Heute laufen in Essen 18 Millionen Bremsbeläge vom Band, nach dem Ausbau haben wir eine Kapazität von rund 60 Millionen Stück pro Jahr.

Rechnen Sie damit, dass die meisten Leverkusener nach Essen wechseln?

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Ich baue sehr stark darauf und habe in Leverkusen eine Sprechstunde eingerichtet, um jedem, der es möchte, die Entscheidung zu erklären.

Die Gewerkschaft hat Widerstand angekündigt und will ein Gegenkonzept vorlegen. Könnte das Ihre Vorhaben noch mal ins Wanken bringen?

Ich glaube, dass wir die Arbeitnehmervertreter überzeugen können, dass dies die einzig richtige Lösung ist. Es ist eine Investition, die weit über das Jahr 2020 hinaus wirken wird und die Arbeitsplätze nachhaltig sicher macht.

Wie läuft es derzeit im Essener Werk? Vergangenes Jahr gab es hier noch Kurzarbeit.

Das hatte damit zu tun, dass wir in Essen noch mit Warmpress-Technik gearbeitet haben, die nicht mehr so gefragt ist. Mittlerweile haben wir im Essener Werk in die moderne Heißpress-Technologie investiert. Wir arbeiten wieder im Vollschichtbetrieb an sieben Tagen.