Essen.. Essens Sportdezernent Andreas Bomheuer lehnt eine Schließungen von Freibädern ab: „Die Bäderlandschaft in Essen ist nicht überdimensioniert“. Er begründet die sinkenden Besucherzahlen mit dem geänderten Freizeitverhalten und will deshalb „mehr Wohlfühl-Atmosphäre schaffen“
Die Essener Freibäder sind weitaus besser als ihr Ruf. Das ist wohl das wichtigste Ergebnis unseres großen Bäder-Checks. Andererseits: Neben gravierenden Sicherheitsproblemen drückt ein massiver Sanierungsstau. Über die Zukunft der Freibäder sprachen wir mit dem für die Sport- und Bäderbetriebe zuständigen Dezernenten Andreas Bomheuer.
Herr Bomheuer, eine private Frage vorab. Wann haben Sie zuletzt in einem der Essener Freibäder Ihre Bahnen gezogen?
Andreas Bomheuer: Das ist lange her, es war in meiner Jugend. Aber als zuständiger Bereichsleiter kenne ich meine Freibäder natürlich. Nebenbei: Wasser zieht mich sehr wohl an. Ich bin passionierter Segler und alles andere als wasserscheu.
Bomheuer: Das Kettwiger Bad besitzt eine gute Substanz, da müssen wir nur nachbessern und renovieren. Bei Steele 11 haben wir keinen Sanierungsbedarf und im Kombibad Oststadt wird gerade das Hallenbad grundsaniert.
Beim Grugabad hingegen ist von 13 Millionen Euro die Rede.
Bomheuer: Die gute Nachricht: Die momentan laufenden, regelmäßigen Sanierungsarbeiten reichen nach Auskunft unserer Fachleute aus, um das Grugabad weiterzubetreiben. Allerdings will die Denkmalbehörde das Grugabad unter Denkmalschutz stellen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten, unter welchen Vorzeichen dies geschehen soll. Dann stellt sich etwa die Frage, ob die Badefläche noch verringert werden kann.
Der Vergleich mit den grandiosen Besucherzahlen der 60er und 70er Jahre zeigt, dass sich das Freizeitverhalten kolossal verändert hat.
Bomheuer: Stimmt, damals legte man sein Handtuch auf die Liegewiese, schwamm eine Runde, aß eine Pommes und war zufrieden. Bezeichnend für das geänderte Freizeitverhalten ist das private „Seaside Beach“ am Baldeneysee. Dieses Bad besitzt eine ausgezeichnete Aufenthaltsqualität mit Sandstrand und Palmen, Lounges und Grillecken und ist deshalb gut besucht - sogar ohne Schwimmbecken. Wir müssen uns daher Gedanken machen, wie wir künftig mehr Wohlfühl-Atmosphäre in unseren Freibädern erzeugen. Hesse mit seinen Strandkörben geht mit gutem Beispiel voran.
Selbst Fachleute schlagen vor, sich in Essen auf weniger, dafür top-sanierte Freibäder zu konzentrieren.
Bomheuer: Ich bin überhaupt nicht der Meinung, dass Essen – eine Stadt mit 570 000 Einwohnern – eine überdimensionierte Bäderlandschaft besitzt. Wenn ich gar höre, dass Kinder mit zehn Jahren immer noch nicht schwimmen können, dann ist das vorhandene Bäderangebot sogar absolut notwendig.
Mit anderen Worten: Schließungen sind kein Thema?
Bomheuer: Ich selbst bin grundsätzlich dagegen, Freibäder dicht zu machen. Es kann allerdings sein, dass es aus betriebswirtschaftlicher Sicht erforderlich sein wird, Leistungen abzubauen und beispielsweise – wie in Dellwig – Becken zu halbieren. Aber das muss politisch im Rat entschieden werden.
„Die Sicherheitslage hat sich spürbar verbessert“
An heißen Tagen droht in bestimmten Bädern eine Art „Krieg der Zivilisationen“ auszubrechen. Müssten Sie nicht härter durchgreifen?
Bomheuer: Im Grugabad haben wir dieses Jahr darauf reagiert und die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. So wurden im Eingangsbereich Videokameras installiert. Darüber hinaus haben wir darauf gedrungen, dass konsequent Hausverbote ausgesprochen werden. Das hat sich offenbar herumgesprochen und schreckt ab.
Etliche Unruhestifter sind minderjährig. Wie gehen Sie da vor?
Bomheuer: Wir arbeiten – und das ist neu – eng mit dem Allgemeinen Sozialdienst ASD und dem Jugendamt zusammen. Diese gehen auf die Eltern der auffällig Gewordenen zu. Nach meinen Informationen greift dieses System bereits, die Sicherheitslage hat sich spürbar verbessert.
Auffällig ist: Führt ein Verein ein Freibad, ist die Welt in Ordnung.
Auch interessant
Bomheuer: Vorweg möchte ich darauf hinweisen, dass insbesondere das von der Stadt betriebene Schwimmbad in Kettwig besonders positive Kritiken erhalten hat. Sie beziehen sich auf die beiden kleinen Freibäder Dellwig und Steele 11. Hier hat sich die so genannte „eigenverantwortliche Nutzung“ tatsächlich als sinnvoll herausgestellt. Die Leute von Ruwa Dellwig und Steele 11 identifizieren sich stark mit ihren Bädern. In einem um ein Vielfaches größeren Bad wie dem Grugabad könnte ein Verein solche eine Funktion allerdings nicht erfüllen.
Könnten Sie sich immerhin vorstellen, Ehrenamtler aus Vereinen mit ins Boot zu nehmen?
Bomheuer: Ja sicher. Angesichts eines strukturellen Defizits bei den Sport- und Bäderbetrieben von jährlich 3,5 Millionen Euro gilt es Trägerkonstruktionen zu entwickeln, durch die Vereine stärker eingebunden werden können.