Essen.. Das Freibad Oststadt hat ähnliche Ausmaße wie das in Kettwig, dafür leidet das Schwimmzentrum aber unter einem eher schwierigen Umfeld. An heißen Tagen geht deshalb ohne Security nichts. Badegäste loben die großzügige Liegewiese und die Becken. Einen Minuspunkt gibt’s für den maroden Umkleidetrakt.
Sommerzeit ist Ferienzeit ist Badezeit. Fünf Freibäder hält die Stadt Essen vor. Bäder, die wir einem Check unterziehen. Nach Steele und Kettwig ist jetzt Oststadt an der Reihe.
Der erste Eindruck
Wer rein will, muss zum provisorischen Kassenhäuschen im hinteren Bereich. Im Container darüber hat der Badleiter sein Büro. Dass das Oststadtbad Baustelle ist, stört Stammgäste überhaupt nicht. In Zeiten leerer Kassen sind Gerüste, Bauzäune und Maurer eigentlich ein gutes Zeichen. Doch gemach: Saniert wird nur das Hallenbad. Dabei könnte auch das Freibad - wie wir später sehen werden - eine gründliche Generalüberholung gebrauchen. An etlichen Ecken nagt der Zahn der Zeit.
Das Personal
Dem Team um Badleiter Michael Bach - schon seit 20 Jahren auf der Kommandobrücke - geben die Gäste gute Noten. An heißen Tagen, wenn’s stressig wird, wünscht sich der eine oder andere allerdings, dass die Leute in den weißen Polo-Shirts strenger durchgreifen.
Umkleide, Dusche & Klo
Mit Verlaub: nah am Totalschaden. Die Pinkelrinne im Männerklo erinnert an eine öffentliche Bedürfnisanstalt aus der Nachkriegszeit. Obwohl sauber, wirkt’s - rein optisch - gewöhnungsbedürftig. Genauso wie die Installation in den Duschen: Kein Kupferrohr unter Putz, die Fliesen uralt. Beim bangen Blick an die Decke stellt sich heraus: Das Dach scheint ziemlich undicht zu sein. Weil der Umkleidetrakt bald so marode ist wie ein DDR-Plattenbau von 1989, ist wohl anzuraten: Lieber gleich abreißen und komplett neu bauen.
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Ganz klar ein Trumpf-Ass. Die Kubiaks und die Diederichs, befreundete Nachbarsfamilien aus Katernberg, genießen 23 Grad Luft und 25 Grad Wasser. Mit ihren Kindern Calvin, Marlon, Finlay, Justin und Lena verbringen sie heute den ganzen Tag im Freibad – besonders loben sie das klassische Ensemble aus Schwimmer- und Nichtschwimmerbecken (21 bzw. 20 mal 50 Meter) samt Sprung- (Dreier + Einer) sowie Planschbecken unterm Sonnensegel. „Das Nichtschwimmer ist ideal für Kinder“, schwärmt Nadine Kubiak. „Die Kinder“, fügt Timm Diederich hinzu, „haben auch auf der Wiese jede Menge Platz zum Spielen und Pöhlen.“ Günther und Brigitte Müller aus Borbeck sind mit ihren Enkelinnen Samantha und Josephine gekommen. Opa gesteht: „Das Oststadt ist jetzt mein Lieblingsbad.“ Zufall oder nicht: Die Müllers, die Kubiaks, die Diederichs waren alle einst Stammgäste im grundsanierten „Hesse“ – und haben „ihrem“ geschrumpften Dellwiger Bad bitter enttäuscht den Rücken gekehrt. Nadine Kubiak: „Es ist jetzt viel zu klein.“ Müller: „Hesse – können Sie vergessen.“
Die Aufpasser
. . . haben an buchstäblich heißen Tagen – leider – alle Hände voll zu tun. Ohne „Security“-Personal geht dann nichts. Timm Diederich weiß ein Lied davon zu singen: „Neulich suchte ein Rüpel Streit, wollte unsere Kinder schlagen. Wir wurden auch noch als Nazis beschimpft. Die Security schaltete sich dann ein.“ Badleiter Bach kennt das Problem. „Früher gab’s keine Security, ihre Anwesenheit ist ja an und für sich schon ein ungutes Zeichen, aber wir sind eben ein sozialer Brennpunkt.“ Hanni und Wolfgang Mühling, seit zehn Jahren Stammgäste, fühlen sich im Oststadt pudelwohl („wunderbar grün, gute Becken-Auswahl, nettes Personal“), aber auch sie stören sich daran, wenn so manche Großfamilie am Ende eines ausgiebigen Badetages einfach einen Haufen Müll zurücklässt. Christian Jung (44) aus Steele geht gerne in Freibäder und kennt das Oststadt seit seiner Jugend. Heute ist er mit Sohn Hendrik (5) gekommen und sagt: „Ich habe hier noch nie schlechte Erfahrungen gemacht.“ So geht’s auch Petra Kehler, die hier als Kind ihre erste Schwimmzüge gemacht hat und heute den Tag mit Töchterchen Lilith (2) genießt: „Ich bin zum ersten Mal seit langer Zeit wieder hier und find’s schön für kleine Kinder.“
Rund ums Becken
Pluspunkte: Die große grüne Liegewiese (14 000 qm) mit leichter Hanglage, dazu sagenhafte 6265 qm Ball- und 540 qm Kinderspielfläche. Hinzu kommt ein Beachvolleyball-Platz. Zeitgemäßes Mobiliar wie zum Beispiel Holzliegedecks oder zusätzliche Sonnenschirme sucht man allerdings vergebens.
Freibad-CheckLeib & Seele
Hatun Erdogan betreibt seit fünf Jahren den gemütlichen Imbiss, der an sonnigen Tagen von 9.30 bis 20 Uhr geöffnet hat. Sieben Biertischgarnituren im Schatten bieten reichlich Platz. Für Freibadverhältnisse ein breites Gastro-Angebot von Bockwurst, Frikadelle, „CPM“ und Geflügelschnitzel bis zu selbstgemachter türkischer Pizza. Zusätzlich: Eiscreme, Limo, Süßes.
Fassungsvermögen
Wenn 6000 Menschen im Bad sind, lacht Badleiter Michael Bach mit der Sonne um die Wette. Vor vierzig Jahren stapelten sich an Rekordtagen noch bis zu 12 000 Gäste im Bad. „Das Freizeitverhalten hat sich stark geändert.“ Die Zahlen der letzten Jahre – 2011: 41 085; 2012: 54 056; 2013: 43 882 und 2014 (Stand Anfang August): 20 100.
Ausblick
Für 4,5 Millionen Euro wird das Hallenbad grundsaniert. Neueröffnung: Frühjahr 2015. Um das Nötigste im Freibad zu renovieren (z. B. Filteranlage), fehlen 500 000 Euro.
Fazit
Pluspunkte: Wem das Grugabad zu stressig und Kettwig zu weit weg ist, ist hier richtig. Ideal auch für Frühschwimmer. Familiär. Klassisches Freibad mit großer Wiese. Bald wieder mit Hallenbad.
Minuspunkte: Schade, dass „Security“ für Ruhe und Ordnung sorgen muss. Großer Renovierungsstau. Der Umkleidetrakt: sauber, aber völlig veraltet – nur vier minus. Keine Barrierefreiheit.
Alle Folgen des Freibad-Checks finden Sie hier.